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Deutschland und Japan: Ein Diskurs über Agri-Photovoltaik

Agri-Photovoltaik , Agro-PV, Agrarphotovoltaik, Agrisolar, Agrovoltaics (1), Solar- Sharing oder die hier verwendete Abkürzung APV sind nur ein paar der Begriffe, die dasselbe Konzept beschreiben:
Die zusätzliche Nutzung von landwirtschaftlichen Flächen zur Gewinnung von Strom durch Photovoltaik (PV). In vielen Ländern wird die APV seit Jahren ausgebaut. Zu den Vorreitern zählen neben den USA auch China, Indien und Japan. In Deutschland sind bislang nur wenige Beispiele in der Praxis zu finden, jedoch ist die erste theoretische Ausarbeitung der Idee 1982 durch Adolf Goetzberger, Gründer des Fraunhofer Instituts, und seinen Kollegen veröffentlicht worden (2). In Japan gilt Akira Nagashima als Urvater der APV, der 2002 als erster Wissenschaftler diesen Ansatz praktisch ausarbeitete und die erste Agri-Photovoltaikanlage (APVA) aufbaute (3). Im Folgenden betrachten wir die Entwicklung der APV in Deutschland und Japan.

Ziele der APV

Das Ziel der APV ist der gesteigerte Gewinn durch gleichzeitige Produktion von landwirtschaftlichen Produkten und Strom bei unverändertem Flächenverbrauch. Die Nutzung von Sonnenstrahlen auf landwirtschaftlichen Anbauflächen zur Erzeugung von Strom klingt zunächst widersinnig, da die PV-Module und die Ackerpflanzen um zwei grundlegende Ressourcen konkurrieren: Licht und Raum. Es drängt sich die Frage nach der Effizienz auf. Wenn der Ertrag durch die niedrigere Verfügbarkeit von Licht sinkt und weniger PV-Module eingesetzt werden können, wäre dann eine getrennte Bewirtschaftung nicht effizienter? Einen Grundriss über den APV-Markt in Deutschland verfasste Omkar Paygude für den 4initia Newsletter 12/2021. Dass das Thema stetig an Relevanz gewinnt, sieht man an den steigenden Zahlen von Neuinstallationen (Abb.  1) (4).

Abbildung 1: Trend der globalen APVA-Anzahl (eigene Darstellung nach (18))

Ein Blick auf Japan

Mit einer Gesamtfläche von 377.975 km2 ist Japan etwas größer als Deutschland und besteht aus über 6.800 Inseln. Auf ihnen leben ungefähr 126 Mio. Menschen. Japan ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Welt gefolgt von Deutschland. Das Klima reicht von gemäßigt im Norden bis zu subtropisch im Süden und ist besonders im Sommer regenreicher und wärmer als in Deutschland. Dr. Nagashima gründete 2004 die erste APVA Japans und stieß damit eine Entwicklung an, die zu aktuell über 2.700 Anlagen führte und eine hierdurch erzeugte Leistung von über 200 MW im Jahr 2021 (5). In Japan ist Innovation und technischer Fortschritt ein Teil des Selbstverständnisses der Bevölkerung, was zu einer tendenziell hohen Akzeptanz für neue Technologien führt. Das ist auch in Bezug auf APV zu beobachten, denn besonders in den älteren Generationen ist die Befürwortung hoch (6).

Abbildung 2: Darstellung des Energiemixes von Japan und Deutschland wobei 100 % der Gesamtproduktion des jeweiligen Landes entsprechen (eigene Darstellung nach (8))

Der jährliche Pro-Kopf-Stromverbrauch in Japan ist mit rund 7.800 kWh etwas höher als in Deutschland. Japan war eines der ersten Länder, das mit Energiespar-Gesetzen den Anstieg des Pro-Kopf-Verbrauches bremsen konnte. Ein populäres Gesetz ist das „Top-Runner-Programm“. Es setzt nicht am Konsumenten an, sondern bei den Herstellern technischer Geräte. In 18 Produktgruppen wird ein Verbrauchsstandard gesetzt. Hersteller müssen mindestens mit dem Mittelwert all ihrer Produkte diesen Standard erfüllen. Jährlich wird ein energetischer „Top-Runner“ gekürt, dessen Verbrauch im folgenden Jahr als Standard gesetzt wird (7). Japans Energiemix (Abb. 2) bestand in den letzten Jahren aus deutlich geringeren Anteilen Erneuerbarer Energien im Vergleich zu Deutschland. Insgesamt produziert Japan jährlich ca. 105 % des Eigenbedarfs.

Aktueller Forschungsstand

Die untenstehende Grafik (Abb. 3) zeigt die wirtschaftliche Theorie der Doppelnutzung und veranschaulicht, warum eine Minderung des Ertrages der einzelnen Komponenten bei doppelter Nutzung zu einem gesteigerten Gesamtertrag führen kann.

Abbildung 3: Die Theorie der Doppelnutzung landwirtschaftlicher Flächen zur Stromerzeugung (eigene Darstellung nach (4))

In der Regel findet man APVA im Freiland, wo das Klima einen starken Einfluss auf die Effizienz von Systemen hat.

Wenn von Klima gesprochen wird, so ist damit der mittlere Zustand aller Wettererscheinungen an einem Ort über eine lange Periode gemeint (9). Das Mikroklima beschreibt die Zusammenfassung der Wettererscheinungen bis zu einer Höhe von 2 m über dem Erdboden (10) und ist daher Bestandteil der ackerbaulichen Potenzialrechnung. Lange galt die Errichtung einer APVA als negativ für das Mikroklima und machte sie daher unattraktiv. Die Hauptargumente sind hierbei Lichteinbußen, Bodenverdichtung, Verschlechterung der Bewirtschaftung mit Maschinen. Die Auswirkungen auf die ackerbauliche Potenzialrechnung sind jedoch nicht leicht zu quantifizieren und damit auch nicht eindeutig zu beurteilen.

PV-Module verschatten die ackerbauliche Fläche und vermindern dadurch das Licht, welches den Pflanzen zur Verfügung steht. Pflanzen nutzen jedoch für die Photosynthese hauptsächlich Licht mit Wellenlängen zwischen 400-700 nm und erreichen einen Lichtsättigungspunkt. Der Grundsatz in der Gewächshaustechnik „mehr Licht, mehr Ertrag“ (11) ist daher außerhalb der kontrollierten Umgebung eines Gewächshauses nicht anwendbar. Während auch in Freiflächen der Ertrag durch wenig Licht minimiert wird, ist es in keiner Jahreszeit als kontrollierte Ressource vorhanden, sondern unterliegt großen Schwankungen. In den sich mehrenden Hitzesommern ist die problematische Zusammenwirkung von vielen Lichtstunden und Trockenheit besonders sichtbar geworden.

Die Auswirkungen von APVA auf den Wasserhaushalt sind stark von den klimatischen Gegebenheiten des Landes abhängig (12). Generell wird eine erhöhte Wasserverfügbarkeit angenommen, da die Evapotranspiration, also das Verdunsten von Wasser aus Pflanzen und Boden, verringert wird (13). Dies geschieht durch die Verschattung und den schwächeren Luftstrom in den Anlagen. Allerdings gibt es auch deutsche Testanlagen, die trockenere Böden unter den Anlagen nachweisen und die Gründe hierfür noch nicht klären konnten (10).

Bei der Errichtung einer APVA wird im Rahmen der Baumaßnahmen großer Druck auf den Boden ausgeübt. Schwere Fahrzeuge und häufiges Befahren wirken sich negativ auf die Bodenqualität aus. Es kommt unter anderem zu Verdichtungen, Spurrinnen, Abtragung und Verunreinigungen. Die Schäden durch Bauarbeiten können beispielsweise durch verminderten Reifendruck an Fahrzeugen oder schonenden Bodenmatten vermindert werden. Die Eingriffe zur Befestigung einer Photovoltaikanlage (PVA) hingegen sind dauerhaft. Stelzen müssen tief im Boden verankert werden und Kabeltrassen werden verlegt (14). In Deutschland werden APVA daher häufig auf ebenen, gut befahrbaren Flächen installiert. Dass andere Flächen auch genutzt werden können, sieht man in Japan. Japan ist ein bergiges Land, in dem viele APVA an steilen Hängen errichtet werden müssen, daher werden stetig leichtere Module entwickelt, deren Installation auch an schwierigeren Standorten möglich ist (15).

Daten zu der Luftzirkulation sind in Deutschland kaum vorhanden. Ausländische Daten zeigen jedoch in APVA konstantere Temperaturen, geringere Windgeschwindigkeiten und stark verminderte Brüchigkeit durch Wind. Der geringere Luftstrom bietet jedoch auch Schädlingen und Pflanzenkrankheiten einen geschützteren Raum.

Einige japanische Anlagen geben an, vermehrt Pestizide gegen Pilzbefall einzusetzen (14). Besonders bei blattreichen Pflanzen führt der Feuchtigkeitsgrad der Luft und auf den Pflanzenorganen zu Pilzbefällen. Im Vergleich zu Japan hat Deutschland ganzjährlich höhere Niederschlagswerte, trotzdem ist die absolute Luftfeuchtigkeit in Japan im Sommer bedeutend höher (Abb. 4). Durch Japans Insellage bewegt sich die Luft schnell über das Land, was den klimatischen Unterschied weiter verstärkt. Ob Pilzbefall künftig auch in deutschen APVA ein Problem darstellen wird, ist daher eine Forschungsfrage für die Zukunft (16).

Abbildung 4: Klimadaten zum Niederschlag und der Luftfeuchtigkeit in Japan und Deutschland im Vergleich (eigene Darstellung (16))

Nicht nur im Sommer ist das Klima für die meisten Ernteausfälle verantwortlich. Die wirtschaftlich signifikanten Ernteausfälle der vergangenen Jahre waren auf Schädlinge und Extremwetterereignisse zurückzuführen, wie Starkregen, Hagel oder Stürme (9, 10, 13, 15).

Es verwundert daher nicht, dass APV-Module zunehmend als Regulationswerkzeug konzipiert werden. Neuere Modelle sind transparenter, beweglicher und werden auf leichte, tief in den Boden verankerte Ständer gebaut (16). Durch die wählbaren Winkel ist die Luft- und Lichtdurchlässigkeit beeinflussbar und die Module dienen weiterhin als Schutz für die Kulturpflanzen. So kann eine passende Kombination von PVA und Kulturpflanze zu stabileren Ernten führen (Abb. 5) (17, 18).

Abbildung 5: links, eine transparente Testanlage aus Bayern 2022/rechts, eine Testanlage in Baden-Württemberg 2018 mit sichtbarer Verschattung (4, 10)

Anlagetypen

Es gibt ein weites Spektrum an Anlagetypen, die sich an die Gegebenheiten des Standortes anpassen lassen. Im Pflanzenanbau ist die häufigste Form eine PVA auf Stelzen unter der die Anbaufläche liegt (Abb. 6, A). Der Anbau zwischen Reihen von PV-Panels (Abb. 6, B) ist in Grünlandbau häufig zu sehen oder auch in Kombination mit Schafhaltung und Hasenzucht. Hierbei können die Paneele vertikal aufgestellt oder wenige Zentimeter über dem Boden horizontal angebracht sein. Über Aquakulturen werden Panels ebenfalls installiert sowohl in offenen Systemen als auch in überdachten (Abb. 6, C). In der Tierwirtschaft sind PV-Zäune (Abb. 6, D) möglich, die sich leichter in intensivere Produktionssysteme einbinden lassen als die Beweidung der Zwischenflächen. Der geringste Pflegeaufwand fällt jedoch weiter für die PVA auf Dächern (Abb. 6, D) an. Auf Stall- und Hofgebäuden unterscheiden sich die Anlagen nicht von herkömmlichen PVA, in Gewächshäusern müssen sie meist an die vorhandene Technik angepasst werden, wie beispielsweise bewegliche Dachflügel.

Abbildung 6: Darstellung der Arten von APVA (Eigene Darstellung)

Ackerbauliches Potenzial

Die am häufigsten, verwendete Anbaukulturen auf japanischen APVA, sind insbesondere Tee, Ingwer, Reis, Pilze, Heidelbeeren, Pestwurz, Frühlingszwiebeln und Kürbisse. Die Relevanz mancher Gattungen ist jedoch für deutsche Felder zu vernachlässigen, denn die Märkte für Pestwurz und Ingwer sind in Deutschland von geringer Größe. Die Abhängigkeit des Potenzials von APVA ist also maßstäblich abhängig von den gängigen Anbaukulturen und vorhandenen Märkten. Beispielhaft hierfür ist mitunter der Anbau von Reis und Tee in Japan.

Reis findet seine Häufigkeit unter japanischen APVA nur durch die nationale Nachfrage und bringt tatsächlich deutlich schlechtere Ernten als im konventionellen Anbau ein (19). Bei den meisten Teearten ist bis zur ersten Ernte mit einer Wachstumsdauer von über vier Jahren zu rechnen. Japans viele Teefarmen, die seit Jahrzehnten und Jahrhunderten betrieben werden, sind gut etabliert und wirtschaftlich profitabel. Besonders tencha, eine Teeart, die aus jungen Teeblättern gemacht wird, ist auch international ein gefragtes Exportgut. Besonders in Pulverform, dem bekannteren matcha, wird es international gerne gekauft. Für den Geschmack ist es wichtig sehr wenig Licht an die Blätter zu lassen, um die Bildung von Bitterstoffen zu hemmen. Die hierfür genutzten Netze führen häufig zu Schäden an den Pflanzen, deswegen steigen die meisten Betriebe auf APV um. So können sie ihre Pflanzen abschatten, vor Wetterschäden schützen und eine weitere Einnahmequelle generieren (3). Die Grundvoraussetzungen für eine Doppelnutzung mit PVA sind in diesen Farmen nahezu ideal, in Deutschland hingegen fällt es schwer Argumente für solche Projekte zu finden.

In deutschen Testanlagen werden häufig Kartoffel-, Weizen-, Sellerie- und Kräuterarten angebaut. Die Zahlen der getesteten Kulturen steigen stetig und liefern damit wichtige Informationen für den kommerziellen Anbau. In einer Studie aus 2018 waren Kartoffeln unter PVA­- Modulen durchschnittlich kleiner. Das scheint zunächst nachteilig zu sein, allerdings werden Kartoffeln mittlerer Größe aufgrund des Bekanntheitsgrades der Sorten, Gewohnheiten im Verzehr und den üblichen Verarbeitungsarten von Konsumenden stärker nachgefragt. Dadurch sind sie wirtschaftlich wertvoller als besonders große oder kleine Kartoffeln, die gezielt an Randgruppen vermarktet werden. In dieser Studie war die Wirtschaftlichkeit dadurch unter PV-Modulen höher (10).

In Japan und Deutschland bilden die Pilzfarmen eine interessante Nische. Der Konsum von Pilzen ist in Japan mit ca. 20 kg/Kopf/Jahr (19) fast das zehnfache des deutschen Konsums (20). Der Konsum steigt in beiden Ländern jährlich an und in japanischen APVA in Kombination mit Pilzen sind die Ernteeinbußen geringer als in anderen Anbaukulturen. Die meisten wirtschaftlich relevanten Pilze in Japan gedeihen nicht bei direkter Sonneneinstrahlung. Shiitake-Farmen haben eine Beschattungsrate von 80-100 % und können so hohe Einnahmen durch ihre Stromproduktion erzielen ohne große Ertragseinbußen landwirtschaftlicher Natur hinnehmen zu müssen (3).

2018 wurde in Japan eine Anlage in Tome vorerst als Versuchsmodell in Betrieb genommen, bereits nach dem ersten Jahr wurde aufgrund ihrer Wirtschaftlichkeit eine betriebliche Nutzung für 20 Jahre beantragt (Abb. 7). Die Anlage produziert bei einer Verschattungsrate von 100 % ca. 40 t/Jahr Pilze. Die Gesamtfläche beträgt 2,2 ha und Leistung von ungefähr 2,4 MW. Aktuell betreibt der Grundstückseigentümer die Anlage, die bis 2030 zugelassen ist (21, 22).

Abbildung 7: APVA in Tome, Präfektur Miyagi, Japan (21)

Ein weiterer Zukunftssektor ist der Obstbau. Beide Länder haben einen aktiven Beerenobst-Sektor. Während in Japan viele Obstsorten aus regionalem Anbau ein Luxusgut darstellen (19), umfasst in Deutschland der Obstbau fast ein Drittel der Gartenbaubetriebe (23). Die Bodenseeregion ist deutschlandweit bekannt für ihren Obstbau und ist seit Januar 2022 Teil des Fraunhofer ISE Projekts „Modellregion Agri-PV BaWü“ (4).

Der Druck eine Mehrfachnutzung von Flächen zu ermöglichen, steigt drastisch je weniger Flächen genutzt werden oder zur Verfügung stehen. In Japan sind neue Möglichkeiten in der Landwirtschaftsbranche dringend nötig. Seit Jahrzehnten wird versucht den landwirtschaftlichen Berufszweig für junge Leute attraktiv zu machen, denn ca. 10 % der landwirtschaftlichen Fläche Japans wird nicht bewirtschaftet und wurde aufgegeben (3). Das Durchschnittsalter japanischer Landwirtschaft Betreibende lag 2021 bei 67 Jahren (24), in Deutschland liegt es immerhin bei 53 Jahren (25). Da viele landwirtschaftliche Flächen in Japan kleiner als 0,1 ha (3) sind, können Pflanzenkrankheiten oder falsche Handhabung schnell zu einem Gesamtausfall des Ertrages führen. Die jüngeren Generationen streben nach mehr Sicherheit und besseren Lebensumständen, das führt zur Abwanderung der Bevölkerung in die Städte (3). Um die Landwirtschaft für junge Leute wieder attraktiv zu machen, ist Japans Ministerium für Landwirtschaft, Forst und Fischerei seit Jahren bemüht auf landwirtschaftlichen Flächen mehrere Einkommensquellen zu ermöglichen.

Genehmigungsverfahren einer APVA

Um in Japan eine APVA zu bewirtschaften, muss zunächst eine vorübergehende Umwandlung von Ackerland beantragt werden, damit die Stützen der Solarmodule angebracht werden dürfen. Ist die Umwandlung genehmigt, kann der Antrag für die Anlage gestellt werden. Ein entscheidender Grund für die Popularität von APVA ist die Zulassung von APVA auf landwirtschaftlichen Flächen aller Schutzklassen. Durch diese Regelung werden landwirtschaftlich wenig lukrative Flächen wirtschaftlich interessant und besonders der Anreiz für innovative Ansätze wird gesteigert. Genehmigungen werden über jeweils drei Jahre erteilt und die anschließende Verlängerung ist nur an die Voraussetzung gebunden, dass die Ernteerträge in den vorangehenden drei Jahren mindestens 80 % der konventionellen Ernte im Umland betragen. 2018 wurde der Bewilligungszeitraum für Landwirtschaft Betreibende auf 10 Jahre erhöht, welche die Erntemenge von 80 % bereits nachweisen konnten, auf ehemals verlassenem Land wirtschaften oder deren Ackerland eine niedrige Qualität aufweist (3). Die meisten APV Betriebe nutzen Einspeisevergütungsverträge nach dem Feed-in-Tarif-Schema. Hierbei wurde 2012 ein System etabliert, bei dem Verträge mit einer Laufzeit von 20 Jahren staatlich gefördert werden. Auf den aktuellen Marktpreis wird für Strom aus APVA ein prozentualer Anteil zusätzlich gezahlt, der in den Präfekturen unterschiedlich ausfällt. Für viele potenzielle Produzenten war das Risiko der finanziellen Unsicherheit nach dem Investment in eine APVA zu hoch, deswegen hat die Sicherheit der 20-Jahre Verträge zu einem schnellen Anstieg von APVA-Anträgen geführt (26).

Japan geht mit dieser Politik erfolgreich auf die Problematik verlassener landwirtschaftlicher Flächen und der sinkenden nationalen Lebensmittelproduktion ein. Landwirtschaft Betreibende, die bereit sind schwierige Flächen mit APV-Konzepten neu zu bewirtschaften profitieren von vielen Fördermaßnahmen zur Startfinanzierung von APV. Die langfristige Wirtschaftlichkeit geförderter Projekte wird positiv bewertet, denn ein signifikanter Anteil der APVA ist seit über 10 Jahren in Betrieb (15).

In Deutschland ist das Genehmigungsverfahren bisher weniger ausgereift. Die Regelungen der Bundesländer unterscheiden sich und es gibt wenige Beispiele, die von genehmigungspflichtigem Umfang sind. Testanlagen beschränken sich meist auf die genehmigungsfreie Fläche einer Maximalhöhe von 3 m und einer Gesamtlänge unter 9 m. Mit dem EEG 2023 geht Deutschland einen entscheidenden Schritt und fördert künftig APV in drei Fördertatbeständen. Genehmigungsrelevante Anlagen sind in Deutschland weiterhin ausschreibungspflichtig. Für horizontal aufgeständerte Anlagen ist zusätzlich ein Technologie-Bonus vorgesehen. Kritik an der Förderung richtet sich gegen die Dauer der Genehmigungsverfahren, die Konkurrenz zu anderen Technologien in Ausschreibungsverfahren und die mangelnde Förderung hoch aufgeständerter Anlagen (27). Grundsätzlich steht jedoch einer Ausweisung landwirtschaftlicher Flächen für APV nichts im Wege und mit dem EEG 2023 kann in den nächsten Jahren ein Anstieg kommerzieller Anlagen erwartet werden (28).

Ausblick

Die gleichzeitige extensivere Landwirtschaft und intensive Flächennutzung ist für Japan und Deutschland zukunftsrelevant. Der daraus resultierende Nutzen ist über die Unterschiede in der Ökologie, Politik und Wirtschaft hinweg klar ersichtlich. Auch wenn sich nicht jede Fläche für diese Systeme eignet, berechtigt der Blick auf den Fortschritt der vergangenen Jahre eine optimistische Haltung. APV kann die Energiewende nicht so stark antreiben wie WP und Freiflächen-PVA, aber sie stellt eine Diversifizierung der Erneuerbaren Energien dar. Neue Ideen, die weitere Berufszweige befähigen an neuen Energiegewinnungsmethoden teilzuhaben und Möglichkeiten für die Nutzung von zusätzlichen Flächen ermöglichen, sind ein wichtiger Schritt für eine grüne Zukunft. Deutschland und Japan gelten als Hightech-Länder (29) und ihre Rolle in der APV zeigte sich dieses Jahr als Japans erstes vertikales APV-Projekt in der Tierwirtschaft in Betrieb genommen wurde, denn die Module stammten von deutschen Herstellern (30).

Autorin: Tamiko Saka

 

QUELLEN:


(1) ews-sonnenfeld. Agri-Photovoltaik: hektarweise Sonnenstrom. Verfügbar unter: https://www.ews-sonnenfeld.com/agri-photovoltaik (abgerufen am: 15.11.2022).
(2) ZASTROW, A. GOETZBERGER & A. s.l. (1982): On the Coexistence of Solar-Energy Conversion and Plant Cultivation International Journal of Solar Energy. Verfügbar unter: https://www.tandfonline.com/doi/abs/10.1080/01425918208909875 (abgerufen am: 04.11.2022).
(3) Iida, Makoto Tajima and Tetsunari. s.l. (2021): Evolution of Agrivoltaic Farms in Japan. AIP Conference Proceedings 2361. Verfügbar unter: https://aip.scitation.org/doi/abs/10.1063/5.0054674 (abgerufen am: 17.10.2022).
(4) Fraunhofer ISE. Modellregion Agri-PV BaWü (2022). Verfügbar unter: https://www.ise.fraunhofer.de/de/forschungsprojekte/agri-pv-bawue.html (abgerufen am: 25.10.2022).
(5) Botschaft von Japan in Deutschland. [Online] (2022). Verfügbar unter: https://www.de.emb-japan.go.jp/itprtop_de/index.html (abgerufen am: 07.11.2022).
(6) N. Irie, N. Kawahara, A. M. Esteves (2019): Sector-wide social impact scoping of agrivoltaic systems: A case study in Japan. Verfügbar unter: https://ideas.repec.org/a/eee/renene/v139y2019icp1463-1476.html (abgerufen am: 02.11.2022).
(7) futurepolicy. Japan’s Top Runner Programme. Verfügbar unter: https://www.futurepolicy.org/climate-stability/japans-top-runner-programme/ (abgerufen am: 18.10.2022).
(8) eglitis-media. Laenderdaten.info. [Online] 2022. Verfügbar unter: https://www.laenderdaten.info/ (abgerufen am: 21.10.2022).
(9) Bd. Thünen Report 2015: Agrarrelevante Extremwetterlagen und Möglichkeiten von Risikomanagementsystemen. Verfügbar unter: https://literatur.thuenen.de/digbib_extern/dn055248.pdf (abgerufen am: 17.10.2022).
(10) A. Weselek, A. Bauerle, J. Hartung, S. Zikeli, I. Lewandowski P. Högy 08/2021: Agrivoltaic system impacts on microclimate and yield of different. s.l.: Agronomy for Sustainable Development. Verfügbar unter: https://link.springer.com/article/10.1007/s13593-021-00714-y (abgerufen am: 13.10.2022).
(11) Redusystems In drei Schritten mehr Licht im Gewächshaus 2022. Verfügbar unter: https://www.redusystems.com/de/artikel/In-drei-Schritten-mehr-Licht-im-Gewaechshaus#:~:text=Eine%20alte%20Gartenbauerweisheit%20lautet%3A%201,%25%20und%201%2C25%20%25 (abgerufen am: 26.10.2022).
(12) Deutscher Bundestag Wissenschaftliche Dienste (2015). Verfügbar unter: https://www.bundestag.de/resource/blob/412904/…/wd-8-032-14-pdf-data.pdf (abgerufen am: 04.11.2022).
(13) bmel.de. Erntebericht 2021. Verfügbar unter: https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/_Landwirtschaft/Pflanzenbau/Ernte-Bericht/ernte-2021.pdf?__blob=publicationFile&v=2 (abgerufen am: 26.10.2022).
(14) Verfügbar unter: https://www.researchgate.net/scientific-contributions/Takamitsu-Sawa-72794676 (abgerufen am:25.10.2022).
(15) Magami, Takeshi Chiba University, 2021: Latest statistics on agrivoltaics installations in Japan. Verfügbar unter: https://agrivoltaics-jp.blogspot.com/ (abgerufen am 26.10.2022).
(16) Länderdaten.info. Länderdaten Japan, Deutschland 2022. Verfügbar unter: https://www.laenderdaten.info/ (abgerufen am: 25.10.2022).
(17) Thorsten Ulbrich, Markus Möller, Sandra Krengel, Burkhard Golla: Extremwettermonitoring,-warnung und -risikoabschätzung für die Landwirtschaft. Verfügbar unter: https://emra.julius-kuehn.de/dokumente/upload/c768a_Ulbrich_EMRA_AK-Naturgefahren_final3.pdf (abgerufen am: 25.10.2022).
(18) metsolar.eu. Solar panels and PV IGU units for semi-transparent solar roof. Verfügbar unter: https://metsolar.eu/products/solar-panel-skylights/. (abgerufen am: 18.10.2022).
(19) Stats Japan. [Online] 2022. Verfügbar unter: https://stats-japan.com (abgerufen am: 17.10.2022).
(20) Statista. [Online] Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie (abgerufen am: 07.11.2022).
(21) Verfügbar unter: https://smartagri-jp.com/management/1285 (abgerufen am: 18.10.2022).
(22) Verfügbar unter: https://www.daiwahouse.co.jp/sustainable/eco/products/2018_9_2.html (abgerufen am: 21.10.2022).
(23) Gabot.de. Obstbau in Deutschland: Zahlen, Daten, Fakten 2010. Verfügbar unter: https://www.gabot.de/ansicht/obstbau-in-deutschland-zahlen-daten-fakten-212266.html (abgerufen am 26.10.2022).
(24) MAFF: Ministry of Agriculture, Forestry and Fisheries. [Online] 11.2022. Verfügbar unter: https://www.maff.go.jp/ (abgerufen am: 02.11.2022).
(25) Marktforschungsunternehmen AgriDirect Deutschland. s.l. TopAgrar 2013 Durchschnittsalter der Landwirte beträgt 53 Jahre. Verfügbar unter: https://www.topagrar.com/management-und-politik/news/durchschnittsalter-der-landwirte-betraegt-53-jahre-9564620.html#:~:text=Vier%20von%20zehn%20deutschen%20Landwirten,Gefl%C3%BCgelsektor%20(7%2C25%20%25) (abgerufen am: 24.10.2022).
(26) Agency for Natural Resources and Energy: Leitfaden Erneuerbare Energien Einspeisevergütungssystem 2021. Verfügbar unter: https://www.enecho.meti.go.jp/category/saving_and_new/saiene/data/kaitori/2021_fit.pdf (abgerufen am: 17.10.2022).
(27) photovoltaik.eu. Agri-PV: Zielgerichtete Förderung und einfachere Genehmigung gefordert 2022. Verfügbar unter: https://www.photovoltaik.eu/landwirtschaft/agri-pv-zielgerichtete-foerderung-und-einfachere-genehmigung-gefordert (abgerufen am: 14.10.2022).
(28) pv-recht. Die Zukunft der Solarenergie heißt Agri-PV. Verfügbar unter: https://www.pv-recht.de/agri-pv#:~:text=Agri%2DPV%2DAnlagen%20im%20Bauplanungsrecht,Anhang%20zu%20%C2%A7%2050%20Abs (abgerufen am: 28.10.2022).
(29) deutschland.de. Japan-Deutschland: 10 Fakten 2022. Verfügbar unter: https://www.deutschland.de/de/topic/politik/japan-deutschland-ideale-partner-im-vergleich#:~:text=Beide%20L%C3%A4nder%20sind%20fast%20gleich,vor%20allem%20in%20den%20K%C3%BCstenregionen. (abgerufen am: 17.10.2022).
(30) List solar. Japan’s first vertical agrivoltaic project 2022. Verfügbar unter: https://list.solar/news/japans-first/ (abgerufen am: 01.11.2022).

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