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Die stille Energiepost Deutschlands – Wie Konverter die Energiewende unterstützen

Sie sind groß, schwer und unglaublich teuer. Trotzdem gelten Konverter als wegweisende Unterstützer der Energiewende in Deutschland. Die großen Konverterplattformen in der Nordsee sorgen dafür, dass der auf See erzeugte Strom in das Stromnetz eingespeist werden kann. Dabei sind die gelben „Steckdosen“ auf See so hoch wie ein zehnstöckiges Haus und beinahe so groß wie ein Fußballfeld.

Die gelben Riesen in der Nordsee

Konverter haben die Aufgabe Wechsel- in Gleichstrom umzuwandeln (1). Der bedeutende Vorteil von Gleichstrom gegenüber Wechselstrom ist der verlustarme Stromtransport über weite Strecken (2). Dafür wird der auf See erzeugte Strom zuerst in einem windparkeigenen Umspannwerk gesammelt und danach per Wechselstromkabel (155 kV) zur Konverterplattform (Abb.1) auf See geführt.
Mithilfe von Leistungstransformatoren wird dann die gewonnene Spannung auf die Konverter-Arbeitsspannung (320 kV) erhöht. Anschließend wird der Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt und die stark pulsierende Gleichstromspannung mittels Kondensatoren geglättet. Durch diesen Vorgang lässt sich das Gleichstromsystem leichter regeln. Das ist gerade in der Nordsee besonders wichtig, da die Energieproduktion stark von der Witterung abhängig ist und jahres- und tageszeitlichen Schwankungen unterliegt.
Von der Konverterplattform aus verlaufen zwei Gleichstromkabel über den Meeresboden bis zum Festland (1). Da es sich beim Wattenmeer um ein UNESCO Weltnaturerbe handelt (3), verbietet sich der Bau von Windparks (WP) und dementsprechend auch von Konverterplattformen in diesem Bereich (1). Der verlustarme Transport des Gleichstroms kommt der Energieversorgung hier schon zugute, denn die meisten deutschen Offshore-WPs befinden sich sehr weit draußen, manche sogar 100 km von der Küste entfernt (4).


Abbildung 1: Die Konverterplattform „Dolwin gamma“ wird von Schleppern aus der Werft gezogen (Foto: Jens Büttner) (4).

Die Adern Deutschlands

Aber auch auf dem Festland werden Konverter benötigt. Im Zuge der Energiewende werden immer mehr Kohlekraftwerke vom Netz genommen. In Zukunft werden dann die Offshore-WPs in der Nordsee mehr Energie produzieren, als an der Küste verbraucht werden kann. Im Süden Deutschlands werden Photovoltaik-Anlagen einen Überschuss an Strom produzieren. Es wird daher ein Stromnetz benötigt, das diesen neuen Aufgaben gewachsen ist. Der grüne Strom, der in den wind- und sonnenreichen Regionen Deutschlands produziert wird, muss dann über weite Strecken bis in die Verbrauchszentren transportiert werden und das möglichst ohne große Verluste (5). Dafür muss das deutsche Stromnetz an vielen Stellen ausgebaut und ergänzt werden.

Windenergie aus dem Norden für Deutschlands industriereichen Süden

Einen großen Beitrag dazu leistet das Projekt „Ultranet“. Bis 2026 soll die neue Gleichstromverbindung zwischen Nordrhein-Westfalen und Baden-Württemberg in Betrieb gehen (6). Geplant und gebaut wird die 340 km lange Leitung von Amprion und TransnetBW. Auch hier kommen Konverter zum Einsatz. Diese sind zwar etwas kleiner als die Offshore-Konverter, wirken mit einem Gewicht von 200 t trotzdem wie graue Kolosse (7).

13 Konverter traten die Reise aus ihrem Produktionswerk in Nürnberg auf dem Wasserweg an und wurden dazu auf einen Binnenfrachter gehoben. Dieser Transportweg entlastet den Straßenverkehr und das Klima. Auch am Ziel, im baden-württembergischen Philippsburg, sollen die Transformatoren zum Klimaschutz beitragen. Hier befindet sich der Endpunkt der Leitung „Ultranet“, die den Strom aus dem windreichen Norden in den hochindustriellen Süden transportieren soll. Auf dem heutigen Konvertergelände befand sich vor vier Jahren noch ein Kernkraftwerk. Die neue Leitung soll 2 GW für die Region liefern. Das ist die gleiche Menge, die vorher das Kernkraftwerk produziert hat (8).

Die Ultranet-Leitung endet im ersten Ausbauschritt in Osterath und ist damit noch weit entfernt vom energiereichen Norden. In einem zweiten Ausbauschritt wird die Gleichstromleitung von Osterath bis nach Emden erweitert und dann kann mehr Offshore-Windenergie aus der Nordsee bis in den Süden gelangen (6) (Abb.2).


Abbildung 2: Der Trassenverlauf von „Ultranet“ (9).

In Philippsburg dienen die Konverter dann dem Zweck, den Windstrom in der Region nutzbar zu machen, in dem der Gleichstrom wieder in Wechselstrom umgewandelt, ins Energienetz eingespeist und an die Verbraucher verteilt wird.

Würde der Stromtransfer mit Wechselstrom erfolgen, dann schätzen Fachleute einen Übertragungsverlust von bis zu 40 % auf der 340 km langen Strecke.
Hier ein Beispiel: Wenn an der Küste Schleswig-Holsteins 1 GW auf die Reise geschickt werden würden, dann würden nur 600 MW am Ziel ankommen. Der Übertragungsverlust für Gleichstrom liegt im Gegensatz dazu nur bei etwa 3 % pro 1000 km (8).

Teuer und heiß diskutiert

In vielen Orten Deutschlands entstehen Konverter wie in Philippsburg, denn der Ausbau des Stromnetzes bildet das Rückgrat für eine erfolgreiche Energiewende. Dieser Ausbau ist dringend notwendig, wenn der Anteil an Erneuerbaren Energien bis 2030 auf 80 % steigen soll (8). Bis dahin müssen über 13.000 km im Übertragungsnetz optimiert, neu gebaut oder verstärkt werden (10). Dabei spielen die Höchstspannungs-Gleichstrom-Übertragungsleitungen (HGÜ-Leitungen), wie auch „Ultranet“ eine ist, eine besonders bedeutende Rolle. Sie tragen zu einer stärkeren Systemstabilität und zu einem geringeren Energieverlust bei. Früher waren die Stromleitungen eher als Einbahnstraßen geplant. Damals floss der Strom von den zentralen Großkraftwerken über die Übertragungsnetze in die Verteilernetze bis zum Verbrauchenden. Heute fließt der Strom nicht mehr nur von „oben nach unten“, sondern auch quer in alle Richtungen. Um Erzeugung und Verbrauch bedarfs- und verbrauchsorientiert aufeinander abzustimmen, muss das gesamte Stromnetz intelligenter werden. Dafür müssen die Systemdienstleistungen, die bisher weitestgehend von zentralen Großkraftwerken mit Synchrongeneratoren bereit-gestellt wurden, zunehmend von dezentralen Speichern und Erzeugungsanlagen erbracht werden. Der Anschluss dieser Anlagen setzt leistungselektronische Komponenten voraus und erfolgt fast ausnahmslos im Verteilernetz (10).
Diese Umstellung ist mit hohen Investitionskosten verbunden. Für den Ausbau der Übertragungs-netze bis ins Jahr 2045 geht die Bundesnetzagentur von Gesamtinvestitionen in Höhe von 284,7 Mrd. € aus (11). Allein „Ultranet“ kostet die Betreibenden etwa 1 Mrd. €. Davon fallen ca. 600 Mio. € allein in Philippsburg an (8).

Der Bau eines Gleichstrom-Umspannwerkes braucht nicht nur viel Geld, sondern auch eine Menge Zeit. Das Genehmigungsverfahren kann mehrere Jahre dauern. Ein wichtiger Grund dafür ist auch, dass sichergestellt werden soll, dass alle Betroffenen Gehör finden, denn häufig regt sich Widerstand in der Bevölkerung. In Philippsburg wurde die Standortfrage lange und leidenschaftlich diskutiert und von TransnetBW moderiert. Es kam sogar zur Gründung einer Bürgerinitiative. Die zwei Standorte, die für die Errichtung des Gleichstrom-Umspannwerkes zur Debatte standen, befanden sich nämlich ursprünglich nur ca. 500 m entfernt zu den nächsten Wohnhäusern. Die Anwohnenden sorgten sich vor Lärmbelästigung und Gesundheitsgefahren.
Auf die Einwände der Bevölkerung reagierte die TransnetBW mit verschiedenen Maßnahmen. Das Umrichtergebäude und die Trennerhalle wurden aus elektrisch leitenden Baustoffen gebaut, um elektrische Störungen zu minimieren. Die Gebäude wurden so errichtet, dass sie die Geräusche abschirmen oder dämmen. Außerdem erhielten Transformatoren und deren Kühlung zusätzlichen Schallschutz.

Vor einem Jahr hat der Übertragungsnetzbetreiber Amprion mit den Arbeiten an seinem Konverter begonnen (8). Im Jahr 2026 soll die Gleichstromleitung von Osterath nach Philippsburg dann fertig sein. Danach wird Osterath per Erdkabel an das Gleichstromvorhaben „A-Nord“ in Emden angebunden. Es ist geplant, dass nach der IBN schätzungsweise 2,4 Mio. Menschen Strom beziehen können. Bis das soweit ist, dauert es aber noch. Trotz des Gegenwindes der Bevölkerung während der Genehmigungsphase des Projektes, sehen die Anwohnenden den Konverter nun als Standortvorteil.

Entgeht Deutschland ein Millardengeschäft?

Gerade die großen Konverterplattformen für die Offshore-WPs sind nicht einfach zu bekommen. Siemens Energy, Hitachi und General Electric gehören zu den wenigen Unternehmen, die den Bau von Komponenten anbieten und dementsprechend ausgelastet sind. Gleichzeitig fehlt es an Werften, in denen die Riesenanlagen zusammengebaut werden können. Der einzige Standort in Europa für die Produktion der Anlagen der neuesten Generation befindet sich in Spanien (2). Die Offshore-Windenergie steuert somit auf einen Engpass zu. Besonders kritisch wird es, wenn andere Länder ebenfalls Konverter in ihre Offshore-WPs integrieren, denn dann könnte Deutschland das Nachsehen haben. Bisher sparen sich die anderen Länder mit ihren überwiegend kürzeren Entfernungen zum Festland nämlich den teuren Bau von Konverterplattformen. Sie transportieren mithilfe von Wechselstromleitungen die produzierte Energie ab (2).

Experten kritisieren seit langem, dass Deutschland keine Kapazitäten schaffe, um die eigene Energiewende voranzutreiben und davon auch wirtschaftlich zu profitieren (4). Die Länder der Küstenregionen Deutschlands würden gerne Kapazitäten für die Offshore-Branche schaffen, jedoch stoßen sie bisher auf Zurückhaltung in Berlin (2). Dabei wäre gerade zum jetzigen Zeitpunkt der richtige Moment für Deutschland, um in die milliardenschwere Produktion von Konverterplattformen einzusteigen. Der Standort Rostock-Warnemünde wird derzeit vom Verteidigungsministerium für die Marine genutzt. In Zeiten des russischen Krieges gegen die Ukraine spielte dieser Standort eine bedeutende Rolle als Marinestützpunkt. Trotzdem halten die Landesregierung in Schwerin und Offshore-Experten den Standort für groß genug, um neben der Bundeswehr auch die Windbranche anzusiedeln. Das Verteidigungsministerium führt bisher jedoch Sicherheitsbedenken an (2).

Der Ausbau der Offshore-Industrie an deutschen Küsten wird dringend für nötig gehalten (12). Dadurch, dass es sich bei Konverterplattformen um sensible Infrastrukturen handelt, wird eine Produktion in asiatischen Ländern als kritisch betrachtet (2). Sie verfügen zwar über ausreichend Platz und genügend Arbeitskräfte, jedoch sollte beim Ausbau der Windkraft das nationale Interesse im Blick behalten werden. Gleichzeitig schadet ein Verschiffen der Plattformen um die halbe Welt dem Klima. Auch in Bremerhaven will ein Konsortium um die LIyod-Werft Bremerhaven den Bau von Konverterplattformen in Deutschland vorantreiben. Das technische und logistische Konzept des Konsortiums ist geprüft worden und das Konzept gilt als schlüssig. Unklar ist nun, ob Rostock-Warnemünde und Bremerhaven für den Bau der Plattformen zum Zuge kommen werden, oder, ob es nur einer der beiden Standorte werden wird (4).

Deutschland sollte sich bei der Entscheidungsfindung nicht zu viel Zeit lassen. Allein für die deutschen Offshore-Windparks werden zwischen 2030 und 2045 noch mehr als 20 Konverterplattformen benötigt (10). Zusätzlich wird es einen erhöhten Bedarf in Europa und auf globaler Ebene geben. Die Preise für eine Konverterplattform belaufen sich auf 2,5 Mrd. €. Ein Kreuzfahrtschiff kostet im Vergleich „nur“ 700 bis 900 Mio. € (4). Diese Umstände könnten für Deutschland ein Geschäft über Jahrzehnte werden.

Autorin: Tabea Tessendorf

QUELLEN:


(1) QUELLEN:Tennet (2024). Konverter. Verfügbar unter: https://www.tennet.eu/de/unsere-projekte/offshore-projekte-deutschland/unsere-offshore-technik/konverter (abgerufen am: 16.07.2024).
(2) Energiewinde Orsted (2023). Riesen mit langer Leitung. Verfügbar unter: https://energiewinde.orsted.de/energiewirtschaft/konverterstation-offshore-wind-mv-werften-amprion-tennet (abgerufen am: 19.07.2024).
(3) Unesco (2024) Ort der Extreme, Spielball der Gezeiten. Verfügbar unter: https://www.unesco.de/kultur-und-natur/welterbe/welterbe-deutschland/wattenmeer (abgerufen am: 16.07.2024).
(4) Butenunbinnen (2023). Möglicher Großauftrag für Bremerhaven. Was sind Konverter-Plattformen?. Verfügbar unter: https://www.butenunbinnen.de/nachrichten/konverter-plattform-bremerhaven-100.html (abgerufen am: 19.07.2024).
(5) Amprion (2024). Konverter. Verfügbar unter: https://rhein-main-link.amprion.net/Rhein-Main-Link/Konverter/ (abgerufen am: 18.07.2024).
(6) Amprion (2024). Portrait des Projektes. Verfügbar unter: https://ultranet.amprion.net/Projekt/Portrait/ (abgerufen am 22.07.2024).
(7) Amprion (2024). FAQ – häufig gestellte Fragen. Verfügbar unter: https://ultranet.amprion.net/Projekt/FAQ/ (abgerufen am: 22.07.2024).
(8) BDEW (2024). Konverter: Anschlussstellen der Stromautobahn. Verfügbar unter: https://www.bdew.de/online-magazin-zweitausend50/schnittstelle/konverter-fuer-die-energiewende/ (abgerufen am 16.07.2024).
(9) TransnetBW (2024). Projektporträt. Verfügbar unter: https://www.transnetbw.de/de/netzentwicklung/projekte/ultranet/projektportraet (abgerufen am: 22.07.2024).
(10) Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (bmwk) (2024). Ein Stromnetz für die Energiewende. Verfügbar unter: https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Dossier/netze-und-netzausbau.html (abgerufen am: 18.07.2024).
(11) Tagesschau (2024). Warum der Stromnetzausbau so teuer ist. Verfügbar unter: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/energie/stromtrasse-erdkabel-kosten-100.html (abgerufen am 19.07.2024).
(12) Zeit online (2023). Habeck sieht Chance für Bau von Konverterplattformen in Deutschland. Verfügbar unter: https://www.zeit.de/wirtschaft/2023-09/windkraft-robert-habeck-konverterplattformen-standorte (abgerufen am: 19.07.2024).

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