Investitionen in Erneuerbare Energien bringen von Natur aus eine gewisse Komplexität mit. Bereits bei der Transaktion müssen neben den technischen und wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, auch die Zusammenhänge zwischen Verträgen, Dienstleistungen, Nebenbestimmungen und gesetzlichen Grundlagen erkannt und berücksichtigt werden. Diese Komplexität setzt sich im Betrieb fort und kann für Investoren eine Herausforderung darstellen.
Per Definition steigt die Komplexität, wenn in einem Portfolio mehrere Projekte, ob Wind- und/oder Solar-PV, gebündelt werden, insbesondere, wenn diese zudem noch von verschiedenen Dienstleistungsunternehmen betreut werden. Ohne die passenden Werkzeuge ist es schwer, den Überblick zu behalten. Ein eigenes oder beauftragtes Asset Management kann als Mittelsperson und Übersetzende zwischen der Eigentümerpartei und den verschiedenen Dienstleistungsunternehmen deshalb einen vielversprechenden Mehrwert bringen.
Die Aufgaben des Asset Management liegen im Kern im Monitoring der verschiedenen Vertragsparteien des Investierenden und der verschiedenen Projektgesellschaften. Der Betrieb der Projekte oder Assets wird kontinuierlich überwacht. Neben der Verifizierung der von den verschiedenen Dienstleistenden zugelieferten Arbeitsergebnisse, besteht die Aufgabe des Asset Managements in der Überwachung und Auswertung des Projektbetriebs. Hinzu kommen die Optimierung der Betriebsleistung, insbesondere durch Verbesserung von Prozessen, sowie Unterstützung bei der strategischen Entscheidungsfindung. Hier kann ein technikfokussiertes Asset Management umfassende Einblicke in das Portfolio geben.
Auf Basis der durch das Asset Management verifizierten Ergebnisdarstellungen der technischen und kommerziellen Betriebsführungen erstellt das Asset Management regelmäßig einen Portfolio-Bericht. Dieser schafft Transparenz und Vertrauen und unterstützt das Management-Team des Investierenden dabei, fundierte Entscheidungen zu treffen. Zudem hilft ein strukturiertes Reporting dabei, potenzielle Risiken frühzeitig zu identifizieren und zu adressieren.
Die Basis für den Portfolio-Bericht bilden die von den Dienstleistungsunternehmen zugelieferten Daten, die durch das Asset Management hinterfragt und verifiziert werden. Erst wenn die Daten glaubhaft richtig sind, werden diese in ein Modell übertragen. Auf Basis dieser Ist-Werte und in Verbindung mit den getroffenen Annahmen und Prognosen entsteht ein vollständiges Bild des Projektes in Hinblick auf Parameter, wie die Wirtschaftlichkeit oder dem Portfoliowert.
Dieser Beitrag beschreibt, wie auf Basis eines Portfoliomodells ein kontinuierlicher Vergleich der Plan- mit den Ist-Daten erfolgen kann und auf welche Themen bei der Erstellung bzw. Vorbereitung zu achten ist.
Wie funktioniert ein Cash Flow Modell?
Das entscheidende Werkzeug in der Finanzanalyse ist das Cash Flow Modell (CFM). Bei der Bewertung eines Unternehmens – im Bereich der Erneuerbaren Energien eine Projektgesellschaft, bzw. dass der Gesellschaft zu Grunde liegende Projekt – wird damit die „finanzielle Gesundheit“ oder Rentabilität ermittelt.
Das Discounted Cash Flow Modell (DFC) ist eine weitverbreitete Methode zur Ermittlung des Unternehmens- bzw. Eigenkapitalwertes. Es basiert auf der Annahme, dass der Wert eines Unternehmens gleich dem Barwert seiner zukünftigen Cashflows bzw. Geldflüsse ist. Hierbei werden die erwarteten zukünftigen Cashflows mit einem Diskontsatz abgezinst, um ihren gegenwärtigen Wert zu bestimmen. Ein Euro heute ist wertvoller als morgen (1). Prinzipiell wird für die Bewertung der Free Cash Flow to Equity (FCFE) genutzt. Allerdings gibt es auch die Möglichkeit den Free Cash Flow to Firm (FCFF) zu nutzen. Wesentliche Unterschiede der beiden Methoden liegen zum einen in der Diskontierungsrate und zum anderen in dem ermittelten Wert – Eigenkapitalwert (FCFE) vs. Unternehmenswert (FCFF). Des Weiteren gibt es kleinere Unterschiede in der DCF-Methode, wie z. B. die Anwendung eines Terminalwerts. Diese Variante findet meistens Anwendung, wenn der Vorhersage-Zeitraum eher kürzer ist.
Abbildung 1: Ermittlung des Unternehmenswertes (eigene Darstellung)
Das DCF-Modell beginnt mit der Prognose der zukünftigen Cashflows (Abb. 1). Hierbei werden die erwarteten freien Cashflows eines Unternehmens über einen bestimmten Zeitraum anhand von fundierten Annahmen und bekannten Parametern prognostiziert. Ein weiterer wichtiger Schritt ist die Bestimmung des Diskontsatzes. Dieser Satz spiegelt das Risiko und die Kapitalkosten des Unternehmens wider. Bei Eigenkapital-bewertungen kann hier entweder mit einer Zielrendite gearbeitet oder den Eigenkapitalkostensatz (Cost of Equity) angewendet werden. Bei einer Bewertung auf Basis der FCFF wird der gewichtete durchschnittliche Kapitalkostensatz (Weighted Average Cost of Capital oder auch WACC) verwendet, um ein realistisches Bild der Finanzierungskosten zu erhalten. Der Grund für die unterschiedlichen Diskontsätze beruht auf dem Fakt, dass die Cashflows unterschiedlichen Gruppen zu stehen – Gesellschaftende vs. Gesellschaftende und Kreditunternehmen (2).
Die Cashflows für die einzelnen Betriebsjahre werden anschließend mit dem zuvor bestimmten Diskontsatz abgezinst, um ihren gegenwärtigen Wert zu berechnen.
Für die Bewertung ist das Cashflow Statement, die Kapitalflussrechnung, der wichtigste Teil des Modells und hängt stark mit den anderen Finanzstatements, der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung zusammen. Üblicherweise besteht ein Cashflow Statement aus den folgenden drei Hauptkomponenten (3).
1. Cashflow aus operativer Tätigkeit (Operating Cash Flow – OCF): Dieser Teil zeigt den Geldfluss aus den Hauptgeschäftsaktivitäten des Unternehmens. Vereinfacht gesagt, wird dieser durch Anpassung des Nettoergebnisses um nicht-zahlungswirksame Posten wie Abschreibungen berechnet.
2. Cashflow aus Investitionstätigkeit (Investing Cash Flow – ICF): Dieser Bereich erfasst alle Geldflüsse im Zusammenhang mit Investitionen, z. B. in langfristige Vermögenswerte wie Immobilien oder Maschinen. Ein negativer ICF kann auf hohe Investitionen hinweisen, die jedoch langfristig wertsteigernd sein können.
3. Cashflow aus Finanzierungstätigkeit (Financing Cash Flow – FCF): Dieser Teil bezieht sich auf Geldflüsse von Kapitalgebenden des Unternehmens, wie z. B. die Aufnahme oder Rückzahlung von Krediten sowie Dividendenzahlungen.
Diese drei Komponenten zusammen ergeben den gesamten Cashflow eines Unternehmens. Sie bieten einen umfassenden Überblick über die finanzielle Lage und ermöglichen es, strategische Entscheidungen zu treffen, indem sie Einblicke in die Liquidität des Unternehmens geben. Der bekannte Spruch „Cash is king“ findet auch hier Anwendung.
Aufnahmen – Die Grundlage jeder Projektbewertung
In jedem Fall müssen für die Erstellung eines DCF-Modells verschiedene Annahmen getroffen werden. Hier wird von einem Windprojekt ausgegangen, doch die Punkte lassen sich genauso auf andere Technologien übertragen.
Ein Bewertungsmodell stellt immer eine Vereinfachung der Realität dar und muss eine Balance zwischen Genauigkeit und Praktikabilität finden. Dabei ist es wichtig, bestimmte Bereiche detailliert zu erfassen, während in anderen eine zu hohe Granularität zu einer Scheingenauigkeit führen kann. Wie hoch die Genauigkeit der Annahmen sein soll, hängt auch von den verschiedenen Perspektiven der Betrachtung ab. So konzentrieren sich Transaktionsmodelle auf die gesamte restliche Projektlaufzeit von bis zu 25 oder 30 Jahren, während sich das Portfolio-Reporting auf kürzere Zeiträume fokussiert und Annahmen regelmäßig aktualisiert.
Eine vereinfachte Erklärung für den Unterschied zwischen einem Transaktionsmodell und einem Reporting-Modell ist, dass das Transaktionsmodell den Wert für den jeweiligen Investierenden zu einem bestimmten Zeitpunkt abbildet, während ein Portfolio- bzw. Reporting-Modell einen Einblick in das laufende Geschäft liefert und diesen mit der Erwartungshaltung zu verschiedenen Zeitpunkten vergleichen kann.
Präzision und Scheingenauigkeit
In jedem Fall müssen für die Erstellung eines DCF-Modells verschiedene Annahmen getroffen werden. Hier wird von einem Windprojekt ausgegangen, doch die Punkte lassen sich genauso auf andere Technologien übertragen.
Ein Bewertungsmodell stellt immer eine Vereinfachung der Realität dar und muss eine Balance zwischen Genauigkeit und Praktikabilität finden. Dabei ist es wichtig, bestimmte Bereiche detailliert zu erfassen, während in anderen eine zu hohe Granularität zu einer Scheingenauigkeit führen kann. Wie hoch die Genauigkeit der Annahmen sein soll, hängt auch von den verschiedenen Perspektiven der Betrachtung ab. So konzentrieren sich Transaktionsmodelle auf die gesamte restliche Projektlaufzeit von bis zu 25 oder 30 Jahren, während sich das Portfolio-Reporting auf kürzere Zeiträume fokussiert und Annahmen regelmäßig aktualisiert.
Eine vereinfachte Erklärung für den Unterschied zwischen einem Transaktionsmodell und einem Reporting-Modell ist, dass das Transaktionsmodell den Wert für den jeweiligen Investierenden zu einem bestimmten Zeitpunkt abbildet, während ein Portfolio- bzw. Reporting-Modell einen Einblick in das laufende Geschäft liefert und diesen mit der Erwartungshaltung zu verschiedenen Zeitpunkten vergleichen kann.
Umstellung von Jahren und Quartalen auf Monate
Ein wesentlicher Unterschied zwischen einer Bewertung im Rahmen der Transaktion und dem Reporting des Betriebs ist der dem Modell zu Grunde liegende Zeitrahmen. Die Umstellung von einer jahres- oder quartalsbasierten auf eine monatliche Berichterstattung hat deshalb erhebliche Auswirkungen auf die Komplexität des Reporting. Ein monatliches CFM ist naturgemäß komplexer als ein quartalsbasiertes Modell. Es enthält mehr Datenpunkte und erfordert möglicherweise zusätzliche Formeln und Verknüpfungen. Dies erhöht die Fehleranfälligkeit des Modells und sorgt für mehr Wartungsaufwand.
Saisonale Schwankungen werden durch diese Veränderung deutlicher sichtbar, was eine sorgfältigere Interpretation der Daten erfordert. Einzelne Monate können stark von langfristigen Durchschnittswerten abweichen und monatliche Daten zeigen eine höhere Volatilität sowie stärkere saisonale Schwankungen als Quartalsdaten. Die unten stehende Tabelle 1 stellt exemplarisch dar, wie eine monatliche Betrachtung die Volatilität erhöhen kann. In beiden Fällen ergibt die Summe 25 % für das Quartal, die monatliche Verteilung ist jedoch ganz anders.
Tabelle 1: Exemplarische Windverteilung in einem Quartal (eigene Darstellung)
Bei der Bewertung der Leistung der einzelnen Anlagen ist es essenziell, saisonale Effekte zu berücksichtigen. Ein Vergleich der Leistung sollte idealerweise mit dem gleichen Zeitraum des bzw. der Vorjahre oder mit langfristigen saisonalen Durchschnittswerten erfolgen.
Die Saisonalität beeinflusst auch die Risikobewertung eines Windprojekts. In Zeiten mit typischerweise niedrigerer Windgeschwindigkeit kann das Risiko von Ertragsausfällen höher sein. Das Reporting muss auch die saisonale Planung von Wartungsarbeiten berücksichtigen. Größere Wartungsarbeiten werden typischerweise in windschwächeren Perioden durchgeführt, um Ertragsausfälle zu minimieren. Dies hat Auswirkungen auf die Kostenplanung und die Verfügbarkeitsprognosen der Anlagen.
Auf Portfolioebene kann die Saisonalität durch geografische und technologische Diversifikation teilweise ausgeglichen werden. Das Reporting sollte die Effektivität dieser Diversifikationsstrategie aufzeigen und analysieren, wie gut sie saisonale Schwankungen abfedern kann (Abb. 2).
Abbildung 3: Vergleich beispielhafter monatliche Ertragsverteilung zwischen Wind und Solar (eigene Darstellung)
Die Umstellung der Berechnungslogik von Quartalen auf Monate ist ebenso von erhöhter Komplexität betroffen. Bestimmte Kosten oder Einnahmen, die auf Quartalsbasis einfacher zuzuordnen waren, müssen nun auf Monate verteilt werden. Gerade bei operativen Kosten, deren Vergütungsstruktur unterschiedlich sein kann, z. B. eine fixe jährliche Vergütung im Vergleich zu einer Vergütung, die eine variable Komponente beinhaltet, entstehen bei einer Umwandlung von Quartals- zu Monatszahlen Herausforderungen.
Die Sicherstellung einer hohen Datenqualität und -konsistenz wird bei monatlicher Berichterstattung noch wichtiger. Fehler oder Inkonsistenzen, die auf Quartalsbasis möglicherweise unbemerkt blieben, können auf Monatsbasis deutlicher hervortreten und müssen adressiert werden.
Diese Herausforderungen erfordern eine sorgfältige Planung und möglicherweise erhebliche Anpassungen des bestehenden CFM. Zum Teil ist es effizienter ein neues Modell aufzusetzen, welches den spezifischen Anforderungen gerecht wird. Es ist wichtig, einen strukturierten Ansatz zu verfolgen und die Bedürfnisse aller Stakeholder zu berücksichtigen, um ein effektives monatliches Portfolio-Reporting-System zu entwickeln.
Fortsetzung folgt…
Autor: Tobias Köbe-Wiemeijer
QUELLEN:
(1) Stock, Oliver (2020). Was ist ein Discounted Cashflow-Modell? Verfügbar unter: https://www.greenmatch.ch/de/blog/discounted-cashflow-model/. (abgerufen am: 30. Oktober 2024).
(2) Corporate Finance Institute (n.d.). Cost of Equity Guide. Verfügbar unter: https://corporatefinanceinstitute.com/resources/valuation/cost-of-equity-guide/. (abgerufen am: 30. Oktober 2024).
(3) ebfm UG (haftungsbeschränkt) (n.d.). Wirtschaftlichkeitsbewertung von Onshore- und PV-Projekten. Verfügbar unter: https://ebfm.de/unsereleistungen/wibe/wibe.php. (abgerufen am: 30. Oktober 2024).
(4) Staatliche Studienakademie Dresden (n.d.). Finanzwirtschaftliche Bewertung Erneuerbarer Energien-Projekte. Verfügbar unter: https://www.ba-dresden.de/forschung/angewandte-forschung/finanzwirtschaftliche-bewertung-erneuerbarer-energien-projekte. (abgerufen am: 30. Oktober 2024).
(5) greenmatch AG (n.d.). Herausforderungen für Asset Manager im Bereich der Erneuerbaren Energien. Verfügbar unter: https://www.greenmatch.ch/de/blog/herausforderungen-asset-manager-erneuerbare-energien/. (abgerufen am: 30. Oktober 2024).