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Netzausbau in Deutschland – ein wichtiges Puzzlestück der Energiewende (Teil 1)

Einleitung

Das Wort „Energiewende“ ist ein vielfach von Medien und Politik verwendetes Schlagwort, mit welchem in der Öffentlichkeit zunächst vornehmlich die Abschaltung fossiler Kraftwerke und der Ausbau der Wind- und Solarenergie assoziiert werden. Per Definition umfasst die Energiewende allerdings die Transformation unseres kompletten Energiesystems und somit nicht nur die Umrüstung des Stromsektors auf erneuerbare Energiequellen, sondern u. A. auch die Verkehrs- und Wärmewende (1). Für letztere werden zunächst Fahrzeuge mit Verbrennungs-motoren durch Elektroautos und Öl- und Gasheizungen durch Wärmepumpen ersetzt. Langfristig wird sich das auf weitere strombasierte Technologien erweitern und der Stromverbrauch somit erheblich steigen. Der deutsche Bruttostromverbrauch lag im Jahr 2022 bei 549 TWh (2), Schätzungen der Studie ,,Klimaneutrales Deutschland“ gehen von einem Anstieg des Bruttostromverbrauchs auf 738 TWh bis 2035 und auf 962 TWh bis 2050 aus (3).

Um den steigenden Bedarf trotz geplantem Ausstieg aus der Kohleverbrennung decken zu können, ohne internationale Energieabhängigkeiten zu verstärken, muss mit diesem Trend eine proportionale Erhöhung des Anteils an Erneuerbaren Energien (EE) am Strommix und somit ein starker Ausbau grüner Stromerzeuger erfolgen.

Wie im nächsten Absatz erörtert, besteht jedoch bei den EE häufig eine geographische Inkongruenz zwischen Angebot und Nachfrage. So wird z.B. im Norden ein Überschuss an Windstrom erzeugt, welcher an den Industriestandorten im Süden benötigt wird (siehe Abbildung 1, unten), dort aber u. A. aufgrund vergleichsweise suboptimaler Windverhältnisse nicht produziert wird.

In Zukunft wird also nicht nur mehr Strom erzeugt, sondern auch vom Erzeugungs- an den Verbrauchsort transportiert werden müssen. Der Ausbau der Stromnetze ist somit eine der wichtigsten Herausforderungen, die die Energie-wende mit sich bringt.

Der Wandel der Netzstruktur

Jahrzehnte lang wurden Kraftwerke zur Stromerzeugung mehrheitlich dort errichtet, wo optimale infrastrukturelle Bedingungen zur Anlieferung der Brennstoffe und Abtransport des Stroms mit erhöhter Nachfrage konvergieren. Somit war die deutsche Netzstruktur lange darauf ausgelegt, dass wenige große Kraftwerke nahe Ballungszentren und Industriegebieten Strom ins Netz einspeisen.

Die Erzeugung von grünem Strom aus Wind- und Solarenergie, welche den Großteil des regenerativen Stroms darstellt, ist jedoch ressourcen-bedingt oft standortspezifisch. So ist die Erzeugung von Solarenergie generell in südlichen Regionen mit hohem Anteil an Sonnenstunden am effizientesten, während Windkraftanlagen vermehrt im Norden, also in Gebieten mit günstigeren Windverhältnissen entstehen. Dazu kommt ein erhöhter Flächenbedarf, da Photovoltaikanlagen (PV-Anlagen) und Windenergieanlagen (WEA) im Schnitt deutlich geringere Leistungen als Kohle- oder Gaskraftwerke haben und diese in Bezug auf die installierte Leistung aufgrund ihrer fluktuierenden Stromerzeugung auch nicht eins zu eins ersetzen können. So müsste z. B. ein Kohlekraftwerk von 100 MW durch zwanzig 5 MW WEA ersetzt werden.

Aus diesen Gründen entstehen WEA derzeit hauptsächlich in den ländlichen Regionen von Norddeutschland, wo der lokale Stromverbrauch gering ist und von denen der Strom erst über weite Entfernungen zu den Großverbrauchern in Industrie- und Ballungszentren transportiert werden muss.

Seit dem Beginn der Energiewende kommen also jährlich immer mehr Wind- und PV-Parks hinzu, die regional verteilt in lokale Netze einspeisen.

Hinzu kommt, dass bei Kohle- und Kernkraftwerken die Leistung des Kraftwerks aktiv steuerbar ist und sie aus technischen und betriebswirtschaftlichen Gründen normalerweise im möglichst konstanten Betrieb arbeiten. Bei PV-Anlagen und WEA kann es durch wechselndes Wetter oder das Auf- und Untergehen der Sonne innerhalb von wenigen Stunden oder sogar Minuten zu starken Fluktuationen in der Leistung kommen.

Abbildung 1: Saldo aus Bruttostromerzeugung und Bruttostromverbrauch: Während Norddeutschland mehr Strom produziert, als es verbraucht, ist es im Süden umgekehrt (5)

Der innerdeutsche Strom-Highway: SuedLink

Das wohl größte Projekt im Bereich des Netzausbaus auf dem Gebiet der Bundesrepublik ist die SuedLink-Stromtrasse. Über 700 km erstrecken sich die beiden über einen großen Teil der Strecke parallel verlaufenden Übertragungsleitungen von den Konverterstationen Brunsbüttel und Wilster in Schleswig-Holstein, bis zu den Konverterstationen Bergrheinfeld/West in Bayern und Großgartach in Baden-Württemberg (6).

Abbildung 2: Geplanter Trassenkorridor des SuedLink (7)

SuedLink wird mit einer Leistung von 4 GW bis zu 10 Mio. Haushalte mit Strom versorgen können. Kostenpunkt: circa 10 Mrd. Euro.

Der symbolische erste Spatenstich erfolgte erst im September 2023, ursprünglich war die Fertigstellung schon für 2022 geplant und ist aktuell auf 2028 datiert (8). Die Gründe für die Verzögerung und ebenfalls für gestiegene Projektkosten sind vielseitig. Vielerorts sind die Eigentümer der Grundstücke, durch die die Trasse verlaufen soll, unbekannt, was die Vertragsschließung erschwert und verlangsamt. Zudem benötigt der Transport der Kabel mehr als 8000 Genehmigungen (9). Des Weiteren wird SuedLink vorrangig als Erdkabel verlegt, was einen signifikanten Einfluss auf die Projektkosten hat. Diese Bauweise ist zwar populärer als der Aufbau der Trasse als Freileitung, aber auch teurer. Wie viel Kosten mehr aufgewendet werden müssen ist schwer zu beziffern, dies hängt stark vom Streckenverlauf und den Bodenbeschaffenheiten ab, man kann jedoch allgemein davon ausgehen, dass ein laufender Meter Erdkabel mindestens dreimal so teuer ist wie eine vergleichbare Freileitung (10).

Beim Bau der Strecke werden die neusten Technologien genutzt. Die Trasse basiert auf 525-kV-Gleichstromerdkabeln, die eine hohe Übertragungskapazität mit gleichzeitig wenigen Kabelverlusten ermöglichen. Neben dem Großteil der 15 cm dicken Kabel, die mehr als einen Meter tief im Boden vergraben werden, führen geographische Gegebenheiten zu weiteren Herausforderungen. Für die Unterquerung der Elbe ist ein Tunnel von 5 km Länge geplant (11). Des Weiteren haben die Bauarbeiten bereits für einen Abschnitt begonnen, welcher das Kabel über eine Distanz von 16 km unter Tage durch ein Salzbergwerk führt, um den Ballungsraum Heilbronn zu umgehen (12, 13).

Teil 2 des Leitartikels folgt im Dezember

Autor: Lennart Kalweit

QUELLEN:

(1) Bundesministerium für Bildung und Forschung. Energiewende. Verfügbar unter: https://www.bmbf.de/bmbf/de/forschung/energiewende-und-nachhaltiges-wirtschaften/energiewende/energiewende_node.html (abgerufen am 30.10.2023)

(2) Umweltbundesamt (2023). Stromverbrauch. Verfügbar unter: https://www.umweltbundesamt.de/daten/energie/stromverbrauch (abgerufen am: 30.10.2023)

(3) Prognos, Öko-institut, Wuppertal-Institut (2020). Klimaneutrales Deutschland. Verfügbar unter: https://www.agora-energiewende.de/veroeffentlichungen/klimaneutrales-deutschland/ (abgerufen am 30.10.2023)

(4) BürgerEnergie Berlin (2018). Welche Aufgaben hat ein Netzbetreiber? Verfügbar unter: https://www.buerger-energie-berlin.de/faq/welche-aufgaben-hat-ein-netzbetreiber/#:~:text=Der%20Netzbetreiber%20ist%20ausschlie%C3%9Flich%20f%C3%BCr,auch%20ausbauen (abgerufen am 30.10.2023)

(5) Institut der deutschen Wirtschaft Köln e.V. (2022). Die Kluft zwischen Stromerzeugung und Stromverbrauch. Verfügbar unter: https://www.iwd.de/artikel/die-kluft-zwischen-stromerzeugung-und-stromverbrauch-462633/ (abgerufen am: 30.11.2023)

(6) TransnetBW SuedLink GmbH & Co.KG. Über das Projekt. Verfügbar unter: https://suedlink.com/s-a (abgerufen am 30.10.2023)

(7) TransnetBW (2021). SuedLink im gesamten Verlauf in der Planfeststellung: TransnetBW reicht Planfeststellungsantrag für das Leinetal ein. Verfügbar unter: https://www.transnetbw.de/de/newsroom/presseinformationen/suedlink-im-gesamten-verlauf-in-der-planfeststellung-transnetbw-reicht-planfeststellungsantrag-fuer-das-leinetal-ein (abgerufen am 30.10.2023)

(8) NDR (2023). Baustart für SuedLink: Was in den kommenden Wochen in SH passiert. Verfügbar unter: https://www.ndr.de/nachrichten/schleswig-holstein/Baustart-fuer-SuedLink-Was-in-kommenden-Wochen-in-SH-passiert,suedlink298.html#:~:text=Insgesamt%20soll%20SuedLink%20etwa%20zehn,sch%C3%BCtzern%20sowie%20Anwohnenden%20nicht%20durchsetzbar (abgerufen am 30.10.2023)

(9) Tagesschau (2023). Wichtige Stromtrasse – Warum sich der Ausbau der SuedLink verzögert. Verfügbar unter: https://www.tagesschau.de/wirtschaft/suedlink-stromtrassen-100.html (abgerufen am 30.10.2023)

(10) Süddeutsche Zeitung (2016). Warum Erdkabel? Und wer bezahlt die Stromtrassen überhaupt? Verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/bayern/energiewende-warum-erdkabel-und-wer-bezahlt-die-stromtrassen-ueberhaupt-1.3181453 (abgerufen am 30.10.2023)

(11) Tennet. SuedLink Verlegung und Technik eines Erdkabels. Verfügbar unter: https://www.tennet.eu/de/projekte/suedlink-verlegung-und-technik-eines-erdkabels#5101 (abgerufen am 30.10.2023)

(12) TransnetBW SuedLink GmbH & Co.KG. Sonderbauwerke. Verfügbar unter: https://suedlink.com/s-s (abgerufen am 30.10.2023)

(13) Süddeutsche Zeitung (2023). Arbeiten an SuedLink-Trasse durch Bergwerk gehen voran. Verfügbar unter: https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/energie-heilbronn-arbeiten-an-suedlink-trasse-durch-bergwerk-gehen-voran-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-230912-99-169018 (abgerufen am 30.10.2023)

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