Das Stichwort Qualität prangert auf Webseiten, in Unternehmenspräsentationen und Produktbroschüren. Kunden soll hiermit ein gutes Gefühl vermittelt werden, die richtige Entscheidung bei der Wahl des Auftragnehmers zu treffen. Mit Qualität lässt sich gut werben, doch es stellt sich die Frage, ob das angepriesene Qualitätsversprechen eingehalten werden kann. Die technische Betriebsführung ist in vielen Bereichen geradezu prädestiniert, ihren Qualitätsanspruch durch ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) zu sichern und mit einer Aufbau- und Ablauforganisation zu verwirklichen.
Normative Einleitung
Eine nicht produzierende Dienstleistung erscheint auf den ersten Blick nicht das beste Beispiel für ein funktionierendes QMS. Die Qualität von Produkten, z. B. in der Automobilindustrie, lässt sich deutlich besser beurteilen: eine hohe Stückzahl, eine Vielzahl an möglichen Prüfungen, eine große kritische Nutzerschaft und am Ende geht es auch um die Sicherheit der Kundschaft. Hingegen lässt sich eine Beratung qualitativ schwieriger bewerten und messen. Im Grunde beruht es auf zwei Dingen: erstens einer normativen Vorgabe, die als Stütze dient und zweitens – noch viel entscheidender – dem inneren Antrieb bzw. der eigenen Motivation einer Organisation am Markt hervorzustechen. Die Qualität selbst ist ein relativer Begriff und muss von jeder Organisation definiert werden, wobei je nach Einsatzgebiet verschiedene Qualitätsvorgaben berücksichtigt werden sollten.
Die ISO 9001 ist Teil einer Reihe von Managementsystemen mit dem Fokus auf Qualität, also eine Art Erfüllungsgrad von Anforderungen, wobei diese Anforderungen vielseitig sein können (1). Die Norm fordert Inhalte ein, mit denen sich ein Unternehmen auseinandersetzen muss. Im Falle der technischen Betriebsführung sind dies unternehmerische Rahmenbedingungen, regulatorische Vorgaben wie z. B. Arbeitsschutz, das Erneuerbare-Energien-Gesetz oder Baugenehmigungen, Stakeholdern (gemäß Norm: Interessierte Parteien), Unternehmensideale sowie das Marktumfeld.
Die sich daraus ergebenden Anforderungen, sowie Wünsche und Bedürfnisse von der Kundschaft, stellen die Grundlage für das Handeln einer Organisation dar. Mit dieser Grundlage lässt sich der sogenannte PDCA-Zyklus (zu Deutsch: Planen, Durchführen, Prüfen, Handeln) aufbauen, der ein wesentlicher Bestandteil eines QMS ist und stets vom (Qualitäts-)Management überwacht wird. Der Zyklus beinhaltet die in Abbildung 1 dargestellten Normkapitel und kann auf alle Prozesse und auf das QMS als Ganzes angewendet werden (2).
Abbildung 1: PDCA-Zyklus und die Zusammenhänge der Normkapitel (eigene, qualitative Darstellung nach (2))
Daraus ergibt sich ein Prozess kontinuierlicher Verbesserung, welcher ein unverzichtbarer Bestandteil des Qualitätsmanagements (QM) ist. Das Zusammenspiel aus Hinterfragen und Nachjustieren, trägt zu einer fortwährenden Optimierung bei.
Was zunächst hohen Dokumentationsaufwand vermuten lässt, ist am Ende eine Stütze für klassische Managementaufgaben, die in jedem Unternehmen von fundamentaler Bedeutung sind. Der Zweck einer Organisation ist es, festgelegte Ziele zu erreichen. Diese könnten vielfältiger nicht sein: Ob es ein Food Truck ist, der Passierende mit leckeren Speisen versorgt; ein Verein, der Jugendlichen eine Möglichkeit zur sportlichen Betätigung gibt oder ein globaler Konzern, der seine Vormachtstellung ausbauen möchte. Je größer ein Unternehmen ist, desto aufwendiger ist es, ein Bewusstsein für die Ziele und deren Erfüllung zu schaffen. Ein QMS, ob nach ISO 9001 zertifiziert oder nicht, soll Mechanismen installieren, diese Zielvorgaben erfolgreich zu erreichen.
… in der Betriebsführung
Eine technische Betriebsführung für Erneuerbare Energien (EE) verfolgt verschiedene Ziele. Auftraggebende sollen zufriedengestellt und vertraglich zugesicherte Leistungen erfüllt werden. Zum einen strebt sie eine optimale Ertragsausbeute der betreuten Assets an und trägt damit zur Energiewende bei, zum anderen beabsichtigt sie, wie andere Unternehmen auch, wirtschaftlich und nachhaltig zu agieren sowie Wachstum voranzutreiben.
Um diesen Vorgaben folgen zu können, bedarf es zunächst einer Bewusstseinsschaffung –sowohl auf der Managementebene als auch bei den Angestellten: Was sind die Ziele und wie sollen diese erreicht werden? Welcher Qualitätsanspruch wird verfolgt? Wie ist mit Kundenbeschwerden umzugehen und wie können diese vermieden werden? Die Liste an Fragen ließe sich unüberschaubar fortsetzen. All diese Fragen führen zu einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess. Ein regelmäßiges Hinterfragen des täglichen Handelns sorgt für eine Weiterentwicklung von Standards, was reaktiv nach Auftreten von Fehlern oder proaktiv durch rechtzeitiges Erkennen von Risiken geschieht. Letzteres unterliegt der Idee des risikobasierten Handelns. Mit diesen Herangehensweisen lässt sich die Gesamtleistung und damit die Qualität steigern.
Betriebsführungsunternehmen haben sich in den letzten Jahren mit zahlreichen Veränderungen rechtlicher oder normativer Rahmenbedingungen auseinandersetzen müssen. Diese erfordern den stetigen Ausbau des Leistungsumfangs bzw. die Anpassung bestehender Abläufe. Hierunter fallen Themen wie bedarfsgerechte Nachtkennzeichnung, Redispatch 2.0, aber auch zunehmend komplexere Anforderungen bei Baugenehmigungen. Um Prozesse aufzubauen, erfordert es zunächst, seine Tätigkeiten zu kennen. Grundlagen hierfür ist in der Regel das Leistungsangebot, dass eine technische Betriebsführung seiner Kundschaft offeriert. Darunter fallen klassische Monitoringtätigkeiten, Analysen und monatliche Berichte, aber auch zunehmend die Übernahme von Managementaufgaben, wie die Anlagen-, Betreiber- oder IT-Verantwortung. Sind die Prozesse grundsätzlich erfasst, kann sich mit Risiken, notwendigen Ressourcen, Kompetenzen, Prozessbeschreibungen und Wechselwirkungen zwischen einzelnen Prozessen beschäftigt werden. Um eine gleichbleibende Qualität zu sichern und somit Risiken zu vermeiden, helfen Vorlagen und Arbeitsanweisungen, die auf die Prozesse und das fachliche Knowhow angepasst werden. Diese Arbeitsmittel müssen dabei detailliert, aber nicht überfrachtet, sowie eindeutig als auch umfassend sein, um Fehlinterpretationen und Qualitätsverlust zu verhindern.
Prozessorientierung
In der technischen Betriebsführung von EE gibt es viele wiederkehrende Tätigkeiten. Das Monitoring und die Reaktion auf Auffälligkeiten im Betrieb, die Analyse und Bewertung verschiedenster Daten, die Beauftragung von Dienstleistern oder die monatliche Erstellung von Berichten stellen nur eine kleine Auswahl dar. Je öfter sich diese wiederholen, desto besser lassen sich Standards und Kennzahlen definieren, die in ihrer Gesamtheit ein QMS bilden.
Am Prozessbeispiel der Abbildung 2 wird ein Ausschnitt der täglichen Arbeit einer technischen Betriebsführung veranschaulicht. Aus dem Monitoring einer Erzeugungsanlage werden Abweichungen vom Regelbetrieb erkannt. Diese Betriebsabweichung wird im Störungsmanagementprozess untersucht. Leistungseinbrüche könnten, analysiert werden, um die Ursache der Unterperformanz zu eruieren. Der Umgang mit Störungen an einer Erzeugungsanlage könnte wiederum innerhalb des Prozesses abgebildet werden, sodass der zuständige Dienstleister über die Störung informiert wird. Parallel zu erkannten Störungen, melden sich Serviceteams oder Sachverständige für planmäßige Tätigkeiten an und ab. Eine dazugehörige Arbeitsanweisung regelt, welche Informationen bei der An- bzw. Abmeldung abgefragt werden müssen, damit Mitarbeitende der Betriebsführung ausreichend über den Einsatz und den Zustand der Erzeugungsanlage informiert sind. Relevante Informationen fließen gemäß Prozessschaubild in ein Logbuch. Die Ergebnisse aus Logbuch und Analysen werden zusammengefasst im Monatsbericht dargestellt, welches die Kundschaft als (Teil-)Ergebnis der Dienstleistung regelmäßig erhält. Spätestens an dieser Stelle hat der Auftraggebende die Möglichkeit seine Anforderungen mit einem Ergebnis seiner technischen Betriebsführung abzugleichen und für sich zu bewerten.
Abbildung 2: Ausschnitt aus einem beispielhaften Prozessschaubild (eigene Darstellung)
Ein solches Prozessschaubild hilft, die Tätigkeiten innerhalb einer Organisation zu verstehen und nachvollziehbar darzustellen. Weitere Betriebsführungstätigkeiten können ergänzt werden und vervollständigen den Umfang der Dienstleistung.
Prozesse werden durch das Management definiert und in Rücksprache mit fachlich ausgebildeten Mitarbeitenden unterfüttert. Daraus entstehen für jeden Prozess sogenannte Prozessbeschreibungen, die z. B. in Form eines Fluss- oder Swimlane-Diagramms dargestellt werden können. Dies stellt die einzelnen Schritte, notwendige Entscheidungen, Zuständigkeiten und benötigte Ressourcen dar und entspricht einer theoretischen Anleitung, wie der Prozess umzusetzen ist. Komplexere Schritte können weiterhin mit Vorlagen und Arbeitsanweisungen untermauert werden. Eine Prozessbeschreibung dient nicht nur der Schaffung von Standards und dem Ausbau des QMS, sondern bietet auch eine ideale Vorlage zur Einarbeitung neuer Arbeitskräfte. Hierfür werden Prozesse wie in Abbildung 3 aufgebaut. Das Verstehen und Steuern der einzelnen Elemente und damit der Abläufe trägt maßgeblich dazu bei, dass eine Organisation wirksam und effizient an der Zielerreichung arbeiten kann. Jedes der fünf Elemente bietet die Möglichkeit Steuerungsmaßnahmen festzulegen und eine Überwachung z. B. in Form von Kennzahlen durchzuführen.
Abbildung 3: Elemente eines Prozesses (eigene, qualitative Darstellung nach (2))
Anhand von Abbildung 3 lässt sich ebenfalls erkennen, dass sich Tätigkeiten immer an einem Lieferanten-Kunden-Verhältnis orientieren. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Liefernde ein Teammitglied oder eine Zuarbeit eines externen Dienstleisters ist. An den Liefernden werden Anforderungen an den Zustand der Eingabe gestellt, die zu erfüllen sind, damit die folgenden Arbeitsschritte entsprechend der Qualitätsansprüche durchgeführt werden können. Wenn bspw. die 10-min-Daten einer Erzeugungsanlage lückenhaft sind und eine Analyse auf Basis dieser Daten stattfinden soll, ist eingangs bereits bekannt, dass das Ergebnis der Analyse nur eine eingeschränkte Aussagekraft haben wird. Folglich profitiert der Empfangende nur dann vom Ergebnis, wenn der Liefernde bereits eine zufriedenstellende Eingabe liefert.
Die Schnittstellen und Anforderungen zwischen Liefernden und Empfangenden (Kunden) müssen demnach definiert und mit allen Prozessbeteiligten kommuniziert sein. Standards zu setzen heißt, Qualität zu vererben. Es wird ein erhöhter initialer Aufwand einer sicheren und hochwertigen Prozessdurchführung vorgeschaltet. Sonderfälle überbeanspruchen solche Prozessdefinitionen, bilden jedoch die Grundlage jeder Verbesserung (2).
In der Folge sind Prozesse in regelmäßigen Abständen zu auditieren, um auf Veränderungen reagieren zu können. Abweichungen müssen erfasst, deren Ursache untersucht und Maßnahmen zur sofortigen und nachhaltigen Korrektur festgelegt werden.
Zusätzliche regelmäßige Audits überprüfen Prozesse auf Aktualität und Wirksamkeit. Mittels Prozessorientierung können Anforderungen verstanden und durchgehend eingehalten werden. Der Fokus liegt dabei stets auf der Wertschöpfung der Organisation. In der Folge lässt sich die Wirksamkeit der Prozesse erreichen und eine entsprechende Bewertung kann Prozessverbesserungen herbeiführen.
Motive zur Einführung eines QMS
Viele traditionsreiche Unternehmen legen Wert auf ein hohes Qualitätsbewusstsein und arbeiten mit einem QMS – ob zertifiziert oder nicht. Die Vorteile eines zertifizierten QMS ergeben sich aus dem Wachstum des Unternehmens. Ein Tischlermeister mit fünf Angestellten kann eine hohe Qualität gewährleisten, da er die Qualitätskontrolle persönlich durchführen kann. Mit steigender Mitarbeiterzahl wird es zunehmend aufwendiger die Qualitätskontrolle selbst durchzuführen. Daher müssen Prozesse aufgebaut und umgesetzt werden, um die Qualität weiterhin auf einem hohen Niveau zu halten.
In erster Linie sollte sich eine Organisation ihrer Dienstleistung bzw. ihrem Produkt bewusst sein und das Marktumfeld kennen. Wenn die Daseinsberechtigung der Dienstleistung bzw. des Produkts und damit des Unternehmens bestätigt ist, gilt es Kundenanforderungen kennenzulernen, zu erfüllen oder zu übertreffen und somit eine Kundenzufriedenheit zu etablieren (siehe Abbildung 4). Um die gewünschte Qualität aufrecht zu erhalten, ist die Einführung von Standards mittels eines breiten Spektrums an Methoden hilfreich. Ein QM versetzt ein Unternehmen in die Lage eine nachhaltige Entwicklung umzusetzen und die Gesamtleistung zu steigern. Dies wiederum sichert das Unternehmen und die damit im Zusammenhang stehenden Arbeitsplätze. Eine Zufriedenheit und eine überzeugende Leistungserbringung unter dem Banner einer Zertifizierung kann das Marketing unterstützen und einen Wettbewerbsvorteil hervorbringen. Auch kann ein QMS zu einer Verbesserung der Produkte bzw. Dienstleistungen und auch der betrieblichen Organisation führen.
Abbildung 4: Prozessübersicht (eigene Darstellung)
Schlusswort
Wachstum und Veränderungen des Umfeldes bzw. des Unternehmens führen zu einer Anpassung bestehender Prozesse. Ohne Veränderungen sind Prozesse beherrschbar, d. h. sie lassen sich in den geplanten Rahmenbedingungen gleichbleibend betreiben. Veränderungen werden jedoch nicht ausbleiben, was dazu führt, dass das QMS stetig adaptieren muss, um Prozesse zu beherrschen. Umso wichtiger ist es, die Anforderungen der Kundschaft, aber auch vom Kontext der Organisation Anforderung Umsetzung Zufriedenheit bestmöglich zu kennen und regelmäßig zu hinterfragen, um eine funktionierende Prozesslandschaft aufbauen zu können.
Dokumentation, Prozessbeschreibungen und Arbeitsanweisungen wird ein Unternehmen nicht vermeiden können – die Frage ist, wie geschickt, modern und ansprechend diese in das tägliche Geschäft integriert werden. Ein QMS kann in vielerlei Hinsicht den Erfolg beflügeln. In erster Linie sollte die Organisation davon profitieren, ihre Ablauf- und Aufbauorganisation zu durchleuchten, in zweiter Linie profitiert die Kundschaft von einem entsprechenden Produkt.
Eine Zertifizierung nach der Norm ISO 9001 ist ein gutes Indiz dafür, dass eine Organisation die Mindestanforderungen an ein QMS erfüllt, aber kein Garant für eine gleichbleibend hohe Qualität. Daher sollten die Anforderungen zwischen auftraggebenden Personen und Liefernden stets klar definiert werden, um das Qualitätsversprechen einzuhalten und kundenzufriedenstellende Ergebnisse zu erzielen.
Von: Daniel Wilde
QUELLEN:
(1) DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (2015). Qualitätsmanagementsysteme – Grundlagen und Begriffe (ISO 9000:2015). Deutsche und englische Fassung EN ISO 9000:2015
(2) DIN Deutsches Institut für Normung e. V. (2015). Qualitätsmanagementsysteme – Anforderungen (ISO 9001:2015). Deutsche und englische Fassung EN ISO 9001:2015