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Redox-Flow-Batterien: Ein Blick in zukünftige Energiespeichersysteme

Mit der neuen Klimazielsetzung und dem sukzessiv steigenden Ausbau von erneuerbaren Energiequellen wird der Bedarf an netzgekoppelten Energiespeichersystemen in der Zukunft weltweit steigen, damit einhergehend die Nachfrage an Dienstleistungen der Netzqualität und des Energiemanagements. Elektrochemische Speichersysteme bieten sich aufgrund ihrer Effizienz, Flexibilität und ihrer hohen Skalierbarkeit als eine besonders attraktive Lösung dafür an.

Wegen ihres hohen Wirkungsgrades, einer langen Lebensdauer und leistungsunabhängigen Dimensionierung haben Redox-Flow Batterien (RFB), oft auch Redox-Fluss-Batterien auch „Flüssige Batterien“ genannt, ein sehr hohes Potenzial. Die bis dato am meisten kommerziell genutzten RFB-Typen sind die Vanadium-Redox-Flow-Batterien. Mehrere Forschungsprogramme zu anderen Redox-Paaren sind bereits weltweit im Gange.

Geschichte der Redox-Flow-Batterie

Die Bezeichnung Redox steht kurz für ‚Red‘, also Reduktion, und ‚ox‘ für Oxidation. Bereits Mitte des 20. Jahrhunderts führte der Chemiker Walther Kangro an der Technischen Universität Braunschweig die ersten Versuche an Redox-Paaren als Energie­speicherungs­möglichkeit für erneuerbare Energien durch. Im Jahr 1970 entwickelte die NASA ein Energiespeichersystem, das auf Eisen-Titan basierte. In den 1980ern wurde schließlich an der University of New South Wales das erste Vanadium-Lösung-Batteriesystem hergestellt. Eine weitere Art der Redox-Flow-Batterie wurde an der Friedrich-Schiller-Universität Jena 2015 entwickelt (1). Im Gegensatz zu anderen Redox-Flow-Batterien basiert die sogenannte pRFB auf organischen Polymeren. Bisher gehören allerdings Vanadium-RFBs zu den am meisten erforschten und verbreitetsten Technologien.

Aufbau und Funktionsweise einer Redox-Flow-Batterie

Der Redox-Flow-Speicher besteht aus zwei trennbaren Tanks und einer elektrochemischen Zelle, dem Katalysator, welcher durch eine Polymerelektrolytmembran in zwei Halbzellen geteilt ist, eine Halbzelle stellt den Pluspol und eine den Minuspol dar. In den beiden Tanks wiederum befindet sich das energiespeichernde Fluid, der sogenannte Elektrolyt. Dieser besteht typischerweise aus einer Metallsalzlösung und zirkuliert mithilfe von Pumpen in zwei getrennten Kreisläufen. Dabei fließt er durch die Halbzellen an den aus Graphitfilzen/Kompositmaterialien bestehenden Elektroden vorbei. Zwischen den Halbzellen erfolgt mithilfe einer ionenleitenden Membran der Ionenaustausch. Gleichzeitig fließen die Elektronen durch einen separaten Leiter, an welchen eine Last angeschlossen werden kann, um die Energie abzugreifen (1, 2, 3).

Die Kapazität des Systems ist von dem extern gespeicherten Elektrolyten abhängig. Das ermöglicht eine hohe Flexibilität bei der Skalierung der Speicherkapazität. Die Leistung des Systems lässt sich wiederum von der Zellenfläche bzw. der Elektrodenfläche bestimmen. Ähnlich wie bei der Brennstoffzellen-Technologie können einzelne Zellen in Reihe geschaltet werden und formen dabei einen sogenannten ‚Stack‘. Mehrere Stacks können wiederum entweder parallel oder seriell geschaltet werden, um die gewünschte Spannung zu erreichen (2, 4, 5).

Zu den verschiedenen Batterietypen zählen u. a. die Vanadium-RFB, Zink-Brom-RFB, Polysulfid-Brom-RFB und Organic-Flow-Batterien. Die Funktionsweise einer Redox-Flow-Batterie ist in Abbildung 1 schematisch dargestellt.

Abbildung 1: Schematische Darstellung der Wirkweise einer Redox-Flow- Batterie (eigene Darstellung in Anlehnung an Fraunhofer Institut; 2)

Vor- und Nachteile von Redox-Flow-Batterien

Die Tatsache, dass sowohl die Leistung als auch die Kapazität der Redox-Flow-Batterien unabhängig skalierbar sind, hebt sie von anderen Batteriesystemen ab. Des Weiteren weist das RFB-System eine hohe Sicherheit vor Verbrennungen und Explosionen auf, da ein Fluid als Energieträger genutzt wird. Durch diese Eigenschaft lässt sich diese Batterie auch problemlos an kritischen Orten verwenden. Der Wartungsaufwand dieser Batteriesysteme ist gering und sie sind netzunabhängig betreibbar. Im Gegensatz zu einigen anderen Batterietypen, wie z. B. bei Lithium-Ionen-Batterien (siehe unten), weist die Redox-Flow-Batterie eine hohe Unempfindlichkeit bei Tiefentladung auf. Dadurch wird ihre Lebensdauer durch sehr niedrige Ladezustände nicht negativ beeinträchtigt, die im Schnitt zwischen 15 bis 20 Jahre beträgt. Zudem kommt es in ausgeschaltetem Zustand auch zu keiner Selbstentladung, sodass die Energie für eine längere Dauer gespeichert werden kann. Aus ökologischer Perspektive ist zudem von Vorteil, dass Redox-Flow-Batterien recyclebar sind.

Nachteilig an Redox-Flow-Batteriesystemen ist, dass sie eine geringere Energie- und Leistungsdichte im Vergleich zu Lithium-Ionen-Batterien aufweisen. Des Weiteren ist diese Technologie verhältnismäßig neu und befindet sich teilweise noch im Entwicklungsstadium, weshalb sie bisher noch nicht umfassend in der Praxis erprobt wurde. Negativ auf RFB-Systeme wirkt sich zudem aus, dass durch die Verwendung von Pumpen zusätzliche Energie benötigt wird.

Die Nutzung von Vanadiumsalzen hat mehrere Nachteile. Zum einen wird Vanadium als kritischer Rohstoff bezeichnet und ist dadurch sehr kostenaufwendig. Zum anderen ist Vanadium in manchen Konstellationen giftig. Außerdem sind die Preisschwankungen auf dem globalen Markt für das Schwermetall Vanadium sehr hoch, sodass der Kostenaufwand für die Batterien schwer einzuschätzen ist. Ein sehr guter Ersatz für Vanadium-Redox-Flow-Batterien ist daher eine Organic-Flow-Batterie, die schwermetallfreie Salzlösungen als Elektrolyt verwendet.

Ein Vergleich zwischen Redox-Flow und Lithium-Ionen-Batterien

Im Vergleich zur derzeitig weltweit führenden Technologie der Lithium-Ionen-Batterien haben Redox-Flow-Batterien bei stationärer Anwendung einen großen Vorteil. Zum einen zeigt sich der Unterschied preislich: Je größer die Kapazität der Lithium-Ionen-Batterie desto kostspieliger wird diese im Verhältnis zur Redox-Flow-Batterie. Des Weiteren sind Lithium-Ionen-Batterien weniger langlebig, da sie im Laufe der Zeit immer mehr Kapazität verlieren. Dies geschieht bei Tiefenentladung wie auch bei niedrigen Temperaturen. Durch natürliche Selbstentladung geht außerdem ein Teil der Energie, die über einen längeren Zeitraum hinweg in Lithium-Ionen-Batterien gespeichert wird, verloren. Da Redox-Flow-Batterien diese Einschränkungen und Nachteile nicht aufweisen, könnten sie in vielen Fällen eine Bedarfslücke füllen (3, 6).

Einen Vergleich zwischen verschiedenen Batterie-Technologien ist in der Tabelle 1 dargestellt.

 

Lithium-Ionen-BatterienVanadium-RFBOrganic-RFB
Rohstoffverfügbarkeito+
Energiedichte+
Brandsicherheit++
Wartungsaufwand++
Skalierbarkeit++
Lebensdauer++
Mobile Anwendung+
Stationäre Anwendungo++
Preisoo

Tabelle 1: Technischer Vergleich von Redox-Flow- mit Lithium-Ionen-Batterien (7)

Stand der Forschung

Aufgrund des hohen preislichen Aufwandes für Redox-Flow-Batterien, der durch die hohen Herstellungskosten der Stacks und (bei Vanadium-RFB) die hohen Weltmarktpreise für Vanadium zustande kommt, sind Redox-Flow-Batterien bis dato für den Massenmarkt noch nicht ausgereift. Ein Forschungsteam des Fraunhofer-Instituts für Umwelt-, Sicherheits- und Energietechnik (UMSICHT) hat nun aber ein neues nachhaltiges Stack-Design entwickelt, das den Markt revolutionieren könnte. Sie haben die Produktionsweise des elektrisch leitfähigen Kunststoffs, der sich in der Mitte des Stacks befindet, neu kreiert. Dieser neue Kunststoff ist biegsam und lässt sich gut verschweißen. Mit dem neuen Design wurde das Gewicht der Stacks um 80 % reduziert. Gleichzeitig haben sie sich in ihrer Größe halbiert. Sowohl die Materialkosten als auch die Herstellungskosten sind damit deutlich gesunken. Normalerweise werden die Stacks mit vielen Schrauben und großen Metallplatten zusammengehalten. Dazwischen kommen zahlreiche Dichtungen zum Einsatz, um die Zellen abzudichten. Das Forschungsteam hat diese Komponente mit einem Spritzguss ersetzt, der sich auch unter hohen Temperaturen und Druck nicht plastisch verformen lässt. Außerdem wurde ein neues Fertigungsverfahren entwickelt. Dieses Pulver-zu-Rolle-Verfahren soll die Produktion der Biopolarplatten schneller und kosteneffizienter machen (8).

Ein paar Unternehmen, wie z. B. JenaBatteries mit Sitz in Jena, beschäftigen sich mit der Entwicklung und Produktion von metallfreien Redox-Flow-Batterien, auch Organic-Flow-Batterien genannt. In diesen Batterien wird auf die Metallsalzlösung als Elektrolyt-Flüssigkeit verzichtet. Stattdessen wird eine organische, metallfreie Salzlösung verwendet (7). Ein großer Vorteil dieser Salzlösung ist, dass auf schädliche Substanzen wie aggressive Säuren und Schwermetalle verzichtet werden kann. Dieser Vorteil wirkt sich gleich auf zweierlei Weisen günstig aus, nämlich indem zum einen die Umwelt geschont wird und zugleich durch den Verzicht auf kostenintensive Schwermetalle die Batterien erschwinglicher werden.

Anwendungsbeispiele für Redox-Flow-Batterien

Weltweit gibt es bereits einige konkrete Anwendungsbeispiele für Redox-Flow-Batterien. In Japan beispielsweise befindet sich zurzeit ein Pilotprojekt für Vanadium-Redox-Flow-Batterien in Abira auf der nördlichen Insel Hokkaidō in der Testphase. Die VRF-Batterie hat eine Kapazität von 60 MWh. Es ist geplant, damit die tägliche Stromversorgung von ca. 6.000 Haushalten zu decken. Die Batterie soll in Kombination mit Solar- und Windkraftanlagen arbeiten. Gebaut wird das Speichersystem von Sumitomo Elektric Industries. Die Batterie soll dazu dienen, die von dem Übertragungsnetz aufgenommene Energiemenge zu maximieren, indem sie die schwankende Energieeinspeisung aus erneuerbaren Energiequellen ausregelt (9). Ein weiteres Projekt, indem die Redox-Flow-Technik zum Tragen kommt, wird vom norddeutschen Energieunternehmen EWE gemeinsam mit einem Forschungsteam aus Jena geplant. Angedacht ist eine gigantische Redox-Flow-Batterie im ostfriesischen Jemgum, die den Namen brine4power tragen soll. Die geplante Batterie soll bestenfalls eine Kapazität von 700 MWh umfassen. Um eine Vorstellung der Größenordnung zu bekommen: Mit dieser Energiemenge ließen sich beispielsweise alle 1,8 Mio. Berliner Haushalte für eine Stunde mit Energie versorgen.

Dreh- und Angelpunkt des Baus dieser Batterie sind riesige Kavernen in Salzstöcken unter der Erde, die sich in Jemgum befinden. Es werden künstliche Hohlräume erzeugt, indem das Salz mithilfe von Wasser aus den Kavernen gewaschen wird, sodass riesige Speicherräume bis zu hundert Meter tief unter der Erde entstehen. Ziel der Ingenieur:innen ist es, diese Hohlräume als große Behälter für die energiespeichernden Fluide (Elektrolyte) der Batterie zu verwenden. Solche Kavernen werden dort von EWE zurzeit für die Lagerung von Gas und Erdöl benutzt. Für das Projekt brine4power ist eine Kombination aus Speicher- und Windenergie geplant, sodass das Ganze vollständig auf Basis erneuerbarer Energien betrieben werden kann. Allerdings hängt die Realisierung des Projekts noch von mehreren Faktoren ab. Probleme wie genutzte Batterieflüssigkeit, Auswirkungen auf die Umwelt sowie die geringe Erfahrung mit einer solchen Batteriegröße könnten dem Projekt noch Steine in den Weg legen. Die geplante Inbetriebnahme für das Projekt war für das Jahr 2023 angesetzt, wurde nun aber auf das Jahr 2025 verschoben (10, 11).

Fazit

Redox-Flow-Batterien bringen die nötigen Voraussetzungen mit, um als geeignete Innovation für große, mit erneuerbarer Energie kompatiblen Energiespeichersysteme genutzt zu werden. Durch ihre umfangreiche Speicherkapazität sowie einer hohen, unabhängigen Skalierbarkeit ihrer Leistung und Kapazität sind sie für das Voranbringen der Energiewende sehr geeignet. Auch wenn Redox-Flow-Batterien zum jetzigen Zeitpunkt ihrer Entwicklung noch nicht marktreif und sehr kostenintensiv sind, macht die aktuelle Forschung in diesem Bereich und bereits laufende Pilotprojekte Hoffnung darauf, dass sich die Batterien in naher Zukunft preislich an andere Batteriesysteme anpassen.

Aus Nachhaltigkeitsgründen sind die sogenannten Organic-Flow-Batterien den Redox-Flow-Batterien vorzuziehen, die als Elektrolyt eine Metalllösung verwenden. Dennoch ist die technische Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Es ist daher denkbar, dass Optionen bestehen, um sie noch ressourcen- und umweltschonender zu gestalten.

Von: Iyad Chami

 

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