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Transparente Solarzellen: eine neue Ära der Solarstromerzeugung?

Im dynamischen Feld der Erneuerbaren Energien zeichnen sich fortwährend interessante Weiterentwicklungen ab, die unsere Zukunft nachhaltig prägen könnten. Besonders im Bereich der Solarenergie beobachten wir stetige Fortschritte, die von klassischen Solarmodulen ausgehen. Diese Module, die in großer Zahl auf Dächern von Wohnhäusern, Industriebauten und auf Freiflächen neben Autobahnen zu sehen sind, fallen durch ihre dunkle, oft blau schimmernde Färbung auf und können je nach Sonneneinstrahlung aus bestimmten Blickwinkeln an glitzernde Seen erinnern.
Doch neben diesen bekannten Modultypen hat sich eine neue Art von Solarpaneel entwickelt, die das Konzept der Solarenergie in ein neues Licht rückt – das sogenannte Solarglas. Abbildung 1 zeigt eine transparente Solarzelle. Diese speziellen Zellen sind komplett oder nahezu transparent und stellen eine neue Lösung für Orte dar, an denen herkömmliche Solarmodule aus Platzgründen nicht in Frage kommen bzw. im Bau limitiert sind.


Abbildung 1: Transparente Solarzelle; Foto: Richard Lunt / Michigan State University (1)

Ob in dicht bebauten städtischen Umgebungen oder als integrierter Bestandteil von Haushaltsanwendungen, Solarglas eröffnet neue Wege, um Sonnenlicht unmittelbar dort in Energie umzuwandeln, wo es ohnehin auf Glasflächen treffen würde.

Funktionsweise transparenter Solarzellen

Für diese Technologie werden transparente Solarkonzentratoren benötigt, welche bereits im Jahr 2014 von Wissenschaftlern der Michigan State Universität entwickelt wurden. Diese konzentrieren das Sonnenlicht auf einen Punkt, um eine höhere Ausbeute an Energie aus der zur Verfügung stehenden Strahlungsenergie zu bekommen. 2020 gelang es, das Glas für die Solarzellen komplett durchsichtig zu gestalten (1).

Normalerweise absorbiert eine Solarzelle das gesamte Lichtspektrum, weshalb es nicht durchsichtig sein kann. Die transparenten Solarzellen nutzen jedoch nur den Anteil des Lichtspektrums, welcher für das menschliche Auge nicht sichtbar ist (UV und infrarote Wellenlängen) und lässt den Rest des Spektrums hindurch (Abb. 2). Möglich ist dies durch eine Beschichtung auf dem Glass, welche aus organischem oder anorganischem Material besteht, und auf das Glas aufgetragen wird (1, 2).


Abbildung 2: Funktionsweise von Solarglas. (ubiquitous energy) (3)

Diese Beschichtungen haben unterschiedliche Vor- und Nachteile:

Die organischen Beschichtungen haben den Vorteil, dass diese auf flexiblen Oberflächen aufgebracht werden können und eine sehr hohe Transparenz aufweisen. Dies ist vor allem für Objekte, bei denen die Transparenz eine wesentliche Rolle spielt, wie z. B. bei Fenstern, von großem Vorteil. Weiterhin sind die Herstellungskosten geringer, da das Auftragen kostengünstiger als bei anorganischen Substanzen ist und auch die Kosten der Entsorgung senkt, da Umweltbelastungen weniger wahrscheinlich sind. Nachteile dieser Beschichtung sind eine im Allgemeinen geringere Effizienz der Umwandlung des Sonnenlichtes in elektrische Energie. Des Weiteren ist die Lebensdauer vergleichsweise gering, da organische Substanzen eine höhere Anfälligkeit für Umwelteinflüsse wie Sauerstoff und Feuchtigkeit haben (4, 5, 6).

Die anorganischen Beschichtungen haben den Vorteil, dass diese eine höhere Energieumwandlungseffizienz als organische Beschichtungen besitzen, beständiger gegen Umwelteinflüsse sind und damit eine längere Lebensdauer haben. Anorganische Solarzellen haben sich seit Jahrzehnten bewährt und sind in Bezug auf ihre Leistung zuverlässig. Ein Nachteil dieser Beschichtung ist, dass die geringere Flexibilität die Aufbringung an unterschiedlichen Materialien erschwert, anorganische Beschichtungen oft energieintensiver in der Herstellung und damit mit höheren Kosten verbunden sind. Des Weiteren ist die Schaffung von Transparenz bei anorganischen Materialien schwieriger, was es für die Nutzung für z. B. Glasfenster ungeeigneter macht (4, 6).

In der Praxis kann die Wahl also zwischen organischen und anorganischen Materialien für transparente Solarzellen von Faktoren wie der gewünschten Transparenz, der erwarteten Lebensdauer, den Herstellungskosten, der Umweltverträglichkeit und den spezifischen Anforderungen der Anwendung abhängen. Weitere Forschung und Entwicklung in beiden Bereichen zielen darauf ab, die jeweiligen Nachteile zu minimieren und die Vorteile zu maximieren. Die Zellen sollen einen Wirkungsgrad von ca. 10 % erreichen können (5). Zum Vergleich: Reguläre Zellen haben einen Wirkungsgrad von ca. 20 % (2, 5, 7).

Lebensdauer organischer Solarzellen

Die Lebensdauer von transparenten Solarpaneelen mit einer organischen Beschichtung, auch organische Photovoltaikzellen genannt, kann variieren, es gibt jedoch noch keine verlässlichen Daten, da die Technologie noch zu neu ist (6). Die genaue Lebensdauer hängt von mehreren Faktoren ab, einschließlich der Qualität der verwendeten Materialien, der Herstellungstechniken, der Umgebungsbedingungen, in denen die Paneele betrieben werden, und der Art und Weise, wie die Paneel geschützt und instandgehalten werden. Grundsätzlich weisen organische Solarzellen eine kürzere Lebensdauer als ihre anorganischen Gegenstücke auf, was auf ihre Empfindlichkeit gegenüber Umwelteinflüssen wie UV-Strahlung, Sauerstoff und Feuchtigkeit zurückzuführen ist. Diese Faktoren können die organischen Materialien abbauen und so die Effizienz und Funktionsfähigkeit der Solarzellen über die Zeit verringern (6).

Forscher arbeiten daran, die Materialzusammensetzung und die Barriereschichten zu verbessern, um die Lebensdauer zu verlängern (4). Schätzungen zufolge kann die Lebensdauer max. 10 Jahre betragen, jedoch bilden ideale Betriebsbedingungen die Grundlage für diese Schätzungen und es bleibt abzuwarten, wie sich diese Paneele unter realen Einsatzbedingungen verhalten (6, 8). Da die technologische Entwicklung voranschreitet, kann mit weiteren Verbesserungen gerechnet werden. Unter anderem werden zukünftig eine längere Lebensdauer und bessere Wirkungsgrade erwartet (9).

Einsatzmöglichkeiten der Module

Da die Technologie der transparenten Solarmodule viel Potenzial birgt, sind die potenziellen Anwendungsbereiche ebenfalls vielfältig. Hier sind einige Beispiele für diese Möglichkeiten:
1. Gebäudefassaden: Transparente Solarzellen können in die Fassaden von Bürogebäuden oder Wohnhäusern integriert werden, um Solarenergie zu erzeugen, ohne die Ästhetik zu beeinträchtigen (2, 10).
2. Fenster: Anstatt herkömmliches Glas zu verwenden, können Fenster mit transparenten Solarzellen versehen werden, die nicht nur Licht hereinlassen, sondern auch als Energiequelle dienen (2, 10).
3. Gewächshäuser: In der Landwirtschaft bieten transparente Solarzellen die Möglichkeit, Solarenergie zu nutzen und gleichzeitig optimale Lichtbedingungen für das Pflanzenwachstum im Inneren des Gewächshauses zu gewährleisten (7, 10).
4. Fahrzeugintegration: Transparente Solarzellen könnten in die Fenster von Autos, Bussen oder Zügen eingebaut werden, um zusätzliche Energie zu gewinnen und Teile des Energieverbrauchs des Fahrzeugs zu decken (2).
5. Smartphones und tragbare Elektronik: Kleinere transparente Solarzellen könnten in die Bildschirme von Smartphones oder anderen tragbaren elektronischen Geräten integriert werden, um die Akkulaufzeit zu verlängern (2).
6. Bushaltestellen und Überdachungen: Transparente Solarzellen könnten in die Dächer von Bushaltestellen oder öffentlichen Überdachungen integriert werden, um Strom für Beleuchtung oder Informationsanzeigen zu liefern (11).

Herausforderungen der Technologie

Transparente Solarzellen sind eine innovative Technologie, welche noch mit einigen Problemen wie der relativ geringen Nutzung der Sonnenstrahlen kämpft. Sie stehen noch vor einigen Herausforderungen, die es zu meistern gilt. Die Effizienz dieser Solarzellen ist momentan geringer als die herkömmlicher Solarzellen, was ihre Attraktivität auf dem Energiemarkt einschränkt. Auch die Kosten sind eine Hürde, da die Produktion aufgrund der verwendeten Materialien und der noch nicht vollständig entwickelten Herstellungsprozesse teurer ist (4).

Eine weitere Herausforderung ist die Lebensdauer der transparenten Solarzellen, die für eine breite Marktakzeptanz mit der von traditionellen Solarzellen vergleichbar sein muss. Ein grundlegendes Dilemma besteht zudem in dem Kompromiss zwischen der Transparenz der Zellen und ihrer Fähigkeit, Energie zu erzeugen – je transparenter sie sind, desto weniger Strom kann produziert werden (4).

Zudem kann die Wärmeentwicklung, die bei der Energiegewinnung entsteht, in einigen Anwendungen problematisch sein, besonders wenn die Zellen in Fenstern eingesetzt werden und sich dadurch die Innentemperatur erhöht. Die Auswahl der Materialien ist ebenfalls eingeschränkt, da sie sowohl photovoltaische Eigenschaften als auch Transparenz aufweisen müssen (12).

Schließlich steht die Massenproduktion vor Herausforderungen, da die Technologien zur Herstellung transparenter Solarzellen noch nicht vollständig für eine großangelegte Fertigung geeignet sind. Dies beeinflusst sowohl die Skalierbarkeit als auch die Kosten.

Potenziale der Technologie

Trotz der obigen Schwierigkeiten sind transparente Solarzellen ein vielversprechendes Feld, und kontinuierliche Forschung und Entwicklung könnten dazu beitragen, diese Hindernisse in der Zukunft zu überwinden (4). Selbst eine geringere Ausbeute an Energie im Vergleich zu regulären Solaranlagen gibt dem ganzen enormes Potenzial, da die Fläche, auf der die transparenten Solarzellen verbaut werden können, sehr groß ist, während normale Solarmodule flächenmäßig beschränkt sind. Pro Jahr werden ca. 2,5 Mrd. m2 Glaspaneele an Bürogebäuden und Läden weltweit verbaut (2), welche für die neuen Solarzellen genutzt werden könnten. Laut der Webseite von einem der führenden Start-Ups für transparente Solarzellen, ubiquitous, kann ein Haus mit dieser Technologie bis zu 30 % des Gebäudestromes decken (3).

Erste Pilotprojekte gibt es unter anderem in der Schweiz, wo zum Anbau von z.B. Basilikum transparente Solarmodule über den Pflanzen aufgebaut wurden (Abb. 3) sodass das Gewächshaus gleichzeitig Strom produziert, die Pflanzen jedoch noch alle Wellenlängen des Lichtspektrums zum Wachsen und Photosynthese betreiben bekommen (2). Der Anteil des Lichtspektrums, der nicht von den Pflanzen benötigt wird, wird reflektiert und von den transparenten Solarzellen wieder aufgenommen und daraus Energie produziert (13).

Ubiquitous Energie hat auf seinem eigenen Firmengebäude eine Fensterfläche mit 100 m2 der transparenten Solarzellen installiert. Die Energie reicht zurzeit aus, um den firmeneigenen Konferenzraum zu beleuchten (5).
Laut einer Studie verfügen die Vereinigten Staaten über eine geschätzte Fläche von bis zu 7 Mrd. m2 an Gebäudeglasfläche. Wenn diese komplett in Solarglas umgewandelt werden würde, wäre es möglich, rund 40 % des amerikanischen Energiebedarfs zu decken, so die Einschätzung des Forscherteams. Diese Menge an Energie würde dem entsprechen, was aktuell durch Solarmodule auf Dächern erzeugt wird (5).


Abbildung 3: Pilotprojekt transparente Solarzellen beim Anbau von Basilikum (9)

Fazit

Transparente Solarzellen sind eine revolutionäre Entwicklung in der Photovoltaik, die das Potenzial haben, die Art und Weise, wie wir Strom erzeugen und verwenden, grundlegend zu verändern. Mit der Fähigkeit, unsichtbare Lichtspektren (UV- und infrarote Wellen) zur Stromerzeugung zu nutzen, während das sichtbare Licht durchgelassen wird, bieten diese Solarzellen eine einzigartige Kombination aus Energieeffizienz und Ästhetik. Trotz der Herausforderungen, wie einer geringeren Effizienz im Vergleich zu herkömmlichen Solarzellen und einer kürzeren Lebensdauer von organischen Materialien, ist das Potenzial dieser Technologie enorm.

Die Anwendungsmöglichkeiten für transparente Solarzellen sind vielfältig und reichen von Gebäudefassaden, Fenstern und Gewächshäusern bis hin zu Fahrzeugen und tragbaren Elektronikgeräten. Insbesondere der Einsatz in städtischen Umgebungen, wo der Platz für traditionelle Solarmodule begrenzt ist, könnte eine signifikante Rolle in der urbanen Energieversorgung spielen.

Während die gegenwärtigen technologischen Herausforderungen wie Effizienz, Kosten und Langlebigkeit nicht zu übersehen sind, zeigt die laufende Forschung und Entwicklung viel-versprechende Fortschritte. Angesichts der enormen verfügbaren Fläche an Glasoberflächen in Gebäuden weltweit könnten transparente Solarzellen eine Schlüsselrolle bei der Deckung des Energiebedarfs spielen. Frühe Anwendungen und Pilotprojekte zeigen bereits die Machbarkeit und die Vorteile dieser Technologie. So ermöglichen beispielsweise transparente Solarmodule in Gewächshäusern die gleichzeitige Stromerzeugung und die optimale Nutzung des Lichts für das Pflanzenwachstum.

Zusammenfassend stehen transparente Solarzellen an der Schwelle zu einer neuen Ära der Solarstromerzeugung. Mit weiteren Innovationen und Verbesserungen könnten sie einen signifikanten Beitrag zur Stromversorgung der Zukunft leisten.

Autor: Silja Rosenbusch

QUELLEN:


(1) Solar Magazine (2020). Transparent solar panels: reforming future energy supply. Verfügbar unter: https://solarmagazine.com/solar-panels/transparent-solar-panels/ (abgerufen am 15.04.2024).
(2) aTech DE (2022). Transparente Solarpaneele könnten in Zukunft Fenster ersetzen. Verfügbar unter: https://www.youtube.com/watch?v=s2oPbt7yvvI (abgerufen am 15.04.2024).
(3) ubiquitous energy. Technology. Verfügbar unter: https://ubiquitous.energy/technology/ (abgerufen am 15.04.2024).
(4) solarenergie.de (2021). Transparente Solarmodule: Pro und Contra. Verfügbar unter: https://solarenergie.de/solarmodule/arten/gebaeudeintegrierte-photovoltaik/transparente-solarmodule (abgerufen am 15.04.2024).
(5) Mdr Wissen (2023). Transparente Solarzellen: Wenn die Fenster Strom erzeugen. Verfügbar unter: https://www.mdr.de/wissen/transparente-solarzellen-solar-fenster-100.html (abgerufen am 15.04.2024).
(6) solarenergie.de (2021). Organische Solarzellen: Vor- und Nachteile. Verfügbar unter: https://solarenergie.de/hintergrundwissen/solarenergie-nutzen/solarzellen/organische-solarzellen (abgerufen am 15.04.2024).
(7) Aouf, Rima Sabina (2022). Ubiquitous Energy aims to make transparent solar windows a global standard. Verfügbar unter: https://www.dezeen.com/2022/09/16/ubiquitous-energy-aims-transparent-solar-windows-global-standard/ (abgerufen am 15.04.2024).
(8) NREL Transforming ENERGY. Organic Photovoltaic Solar Cells. Verfügbar unter: https://www.nrel.gov/pv/organic-photovoltaic-solar-cells.html#:~:text=OPV%20is%20a%20rapidly%20emerging,roll%20manufacturing%20using%20solution%20processing. (abgerufen am 15.04.2024).
(9) Abad et. Al. (2021). Lifetime Study of organic Solar Cells with O-IDTBR as Non Fullerene Acceptor. Verfügbar unter: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fenrg.2021.741288/full (abgerufen am 15.04.2024).
(10) ubiquitous energy. Applications. Verfügbar unter: https://ubiquitous.energy/applications/ (abgerufen am 15.04.2024).
(11) Baunetz_Wissen. Transparente PV-Indachmodule. Verfügbar unter: https://www.baunetzwissen.de/elektro/tipps/news-produkte/transparente-pv-indachmodule-7430950 (abgerufen am 15.04.2024).
(12) Akisawa; Kashiwagi; Miyazaki (2005). Energy savings of office buildings by the use of semit-transparent solar cells for windows. Verfügbar unter: https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0960148104002216 (abgerufen am 15.04.2024).
(13) srf (2022). Durchsichtige Solar-Panels für Strom- und Obstproduktion. Verfügbar unter: https://www.srf.ch/play/tv/10-vor-10/video/durchsichtige-solar-panels-fuer-strom–und-obstproduktion?urn=urn:srf:video:b6bdbb9e-5cab-4839-a1de-bdd75f068905 (abgerufen am 15.04.2024).

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