loader image

Wie ökologisch ist Solarstrom wirklich?

Einleitung

Die Photovoltaik (PV)-Branche ist seit Anfang der 2000er-Jahre stark gewachsen. Die Leistung weltweit installierter Module hat im Jahr 2022 die Terrawatt-Marke geknackt (1). PV ist eine grüne Technologie, jedoch beeinflusst auch sie die Umwelt. Ökobilanzen analysieren systematisch den gesamten Lebenszyklus und zeigen die Umweltauswirkungen auf. Daraus können die energetische Amortisationszeit und der CO2-Fussabdruck ermittelt werden sowie Optimierungspotentiale in der gesamten Prozesskette entwickelt werden, um die Einflüsse auf die Umwelt auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

Dieser Artikel geht auf die verschiedenen Phasen des Lebenszyklus ein, welche sich vereinfacht in die Produktion mit dem Transport, den Betrieb und das Recycling unterteilen lassen (2). Es ist wichtig, die Kreisläufe nach der Nutzung von PV-Modulen zu schließen, um eine wirtschaftliche sowie politische Unabhängigkeit und daraus folgende Resilienz aufzubauen, und sich vor globaler Ressourcenknappheit zu schützen. Auch für eine erfolgreiche Wiederansiedlung der PV-Produktion in Europa ist die Versorgungssicherheit bei den Rohstoffquellen ein wichtiges Thema.

Die Produktion

Der Lebenszyklus eines PV-Moduls beginnt bei der Herstellung. Die Hauptaspekte sind der Energieverbrauch, die Hilfs- und Rohstoffe sowie die daraus resultierenden CO2-Emissionen. Diese sind für die verschiedenen Modultypen unterschiedlich, jedoch bestehen etwa 93 % aller installierten Module aus mono- oder multi-kristallinem Silizium (3). Der aufwendigste Schritt bei der Herstellung ist die Reinigung des Siliziums, auf den mehr als die Hälfte der gesamten Herstellungsenergie entfällt. Zur Produktion der Module werden verschiedene Chemikalien benötigt und dessen Umweltauflagen unterliegen dem Produktionsland. Es wird Blei in den elektrischen Kontakten verwendet, das bei nicht fachgerechter Entsorgung von Regenwasser ausgewaschen werden kann und nicht in das Grundwasser gelangen darf. Die Herstellung von bleifreien Modulen wäre mit geringen Mehrkosten problemlos möglich. Das bifa Umweltinstitut GmbH hat die gesamten Auswirkungen der PV auf die Umwelt in allen Schritten des Lebenszyklus auf nur 5-10 % im Vergleich zur Stromerzeugung aus fossilen Energien geschätzt (4).

Der Produktionsstandort und dessen Strommix hat einen großen Einfluss auf CO2-Emissionen, mit europäischem Strom können im Vergleich zu chinesischem Strom mit höherem Kohleanteil beispielsweise ein Drittel der CO2-Emissionen eingespart werden. Durch den „Inflation Reduction Act“ (IRA) werden PV-Produktionsanlagen in den USA und auch Indien zurzeit massiv gefördert.

In Europa hingegen sind die Subventionen gering, zudem zahlen beispielsweise europäische Hersteller von Zellen und Modulen Zölle auf Vorprodukte, während gesamte chinesische Module zollfrei importiert werden können. Aktuell werden circa 98 % der Module in Asien produziert (5). Der Transport macht dabei nur einen vernachlässigbaren Anteil der Emissionen aus.

Der Betrieb

Ein PV-Modul spart durch den klimafreundlichen Strom bereits nach drei Jahren mehr Emissionen ein als bei der gesamten Produktion ausgestoßen wurde (6) . In der Abbildung 1 sind die Emissionen verschiedener Stromerzeugungstechnologien unter Berücksichtigung aller Phasen des Lebenszyklus über technologietypische Betriebszeiten verglichen. Es sind starke Unterschiede zu sehen, die PV schneidet mit circa 30 g CO2 pro kWh sehr gut ab und liegt damit bei weitem unter den Emissionen fossiler Energie.

Die energetische Amortisationszeit ist die Zeit, die ein PV-Modul benötigt, um die bei der Produktion benötigten Energie im Betrieb zu erzeugen. Aufgrund der unterschiedlichen Einstrahlung ist dabei der Installationsstandort maßgebend. Für Module, welche in Europa installiert und in China produziert wurden, beträgt sie lediglich 1,2 Jahre (7).

Abbildung 1: Emissionen verschiedener Stromerzeugungstechnologien (Eigenerstellung)

Eine Flut an Altmodulen

Die weltweit erste Studie zum Abfallaufkommen durch PV-Module wurde 2016 von der International Renewable Energy Agency (IRENA) und der International Energie Agency Photovoltaic Power Systems Programme (IEA-PVPS) veröffentlicht. Die Prognose des konservativeren Szenarios zu den kumulativen Mengen an Altmodulen aus den bedeutendsten Ländern ist in der unteren Abbildung 2 zu sehen. Dabei ist bis 2030 Deutschland aufgrund des frühen Ausbaus der Photovoltaik das Land mit der höchsten Menge an Altmodulen (8). Damit sind Ressourcen für die Entwicklung von Recyclingtechnologien gegeben, die in den darauffolgenden Jahrzehnten in andere Länder gebracht werden können, wenn deren Volumen an Altmodulen ebenfalls ansteigt.

Abbildung 2: Kumulative Menge an Altmodulen (in Millionen t) (erstellt nach (8))

Weltweit werden bis 2040 kumulativ 15 Mio. Tonnen und bis 2050 60 Mio. Tonnen an Altmodulen erwartet. Das ist mehr als der gesamte elektronische Abfall des Jahres 2019 (9). Mithilfe dieser Rohstoffe können 630 GW neuer Module produziert werden . Allein der Materialwert dieser Menge liegt bei geschätzten 15 Mrd. US-Dollar, dadurch entstehen viele Möglichkeiten zur langfristigen Wertschöpfung durch neue Industrien. Während bei den schon früher verbauten Modulen knapp die Hälfte des Materialwertes bei dem verbauten Silber lag, wurde seitdem der Silberanteil durch verbesserte Drucktechnologien und Silberpasten schrittweise reduziert und durch günstigere Materialen substituiert (8).

Warum gehen die Module kaputt?

Die Hauptursachen für einen Ausfall in den ersten Betriebsjahren sind leicht vermeidbar durch bessere Planung, kompetente Montagearbeiten und passend gewählte Befestigungskonstruktionen. Generell sind die größten Ausfallursachen die Einwirkung mechanischer Belastungen wie Wind- und Schneelasten sowie Temperatur und Temperaturschwankungen. Dadurch ermüdet häufig die Rückseitenfolie (9). Zusätzlich gibt es laut der Studie der IEA-PVPS viele Ausfallgründe aufgrund lichtbedingter Verschlechterung , Kontaktausfällen in der Anschlussdose, Glasbrüchen, losen Rahmen, Brüchen in der Zellverschaltung und Diodendefekten. In der Phase ab 12 Jahren bis zum Ende der Lebenszeit, welche bei heutigen Modulen durchaus 40 Jahre betragen kann, nehmen Ausfälle aufgrund der schweren Korrosion von Zellen und Interkonnektoren zu. Frühere Studien mit statistischen Daten über Ausfälle von PV-Modulen haben außerdem festgestellt, dass 40 % der untersuchten Module mindestens eine Zelle mit Mikrorissen aufwiesen. Dieser Defekt wird häufiger bei neueren, nach 2008 hergestellten Modulen festgestellt, was auf die Verwendung dünnerer Zellen bei der Produktion zurückzuführen ist. Die Erfahrungen zu solchen Ausfällen werden bei der Planung eines PV-Parks berücksichtigt, bei guten Modulherstellern sind vorzeitige Ausfälle somit größtenteils vermeidbar (8).

Was passiert mit den Altmodulen?

Nach der Lebenszeit ist der Projektentwickler zuständig für den Rückbau und die Entsorgung der PV-Anlage. Nach Möglichkeit wird am Standort ein neues System entwickelt. Mittlerweile hat sich auch ein interessanter Zweitmarkt für gebrauchte, noch intakte Module gebildet. Die europäischen Vorgaben der WEEE2-Richtlinie (Waste and Electronic Equipment) schreiben vor, dass 80 % des Gewichts der Module wiederverwertet werden müssen. Den Ländern bleibt es aber selbst überlassen, die Gesetze dafür zu regeln und festzulegen, wen die Pflicht zum Recycling trifft. Das können Hersteller, Händler, Importeure oder sogar Installationsbetriebe sein. Daher haben sich europäische Hersteller in dem Verband PV Cycle zusammengeschlossen, der das Recycling alter Photovoltaik Module in der gesamten EU übernehmen soll. In Deutschland müssen alle Hersteller und Importeure für das Recycling aufkommen und bekommen eine WEEE-Nummer. Zudem gibt es eine kostenlose Entsorgung für private Haushalte über Sammelstellen (11).

Die gesetzliche Recyclingquote von 80 % des Gewichts kann bereits durch das Abtrennen von Glas und Aluminium erreicht werden. Die Module werden geschreddert, das Glas wird zu Glaswolle verarbeitet und das Aluminium wird wieder eingeschmolzen. Die restlichen Materialien, wie Silizium, Silberkontakte, Zinn und schwermetallhaltigem Lot (Blei) werden meistens zusammen mit der Kunststofffolie verbrannt, hier besteht Potential zur Verbesserung. Wertvolle Rohstoffe werden nicht oder nur für minderwertige Anwendungszwecke genutzt (10). Das Fraunhofer ISE hat in einem Forschungsprojekt gezeigt, dass die hochreine Rekristallisierung von wiederaufbereitetem Silizium möglich ist (12).

Es wurden bereits heute verschiedene Konzepte zum Recycling der gesamten Modulkomponenten entwickelt und die Technologien stehen bereit. Einige dieser Prozesse sind bereits in bestehenden Entsorgungsanlagen integriert (13). Aufgrund der derzeit geringen Mengenströmen an Altmodulen und der noch nicht automatisierten Verfahren ist jedoch ein rentabler Betrieb einer Recycling-Anlage ausschließlich für PV-Module wirtschaftlich schwierig zu tragen, dies wird sich aber durch die hohen prognostizierten Mengen in den nächsten Jahren verändern.
Zur Implementierung skalierbarer Recyclingprozesse gibt es noch einige Herausforderungen, die überwunden werden müssen. Dazu gehören unter anderem die Entwicklung eines universellen Prozesses bei einer Vielzahl unterschiedlicher Modultypen. In dem Projekt ReSi Norm haben vier Projektpartner an einer Standardisierung und Normung von Recyclingprozessen für Siliziumsolarmodulen gearbeitet (10). Für den Abbau von Ein- und Mehrfamilienhäusern ist eine Sortierung und separate Sammlung der verschiedenen Modultypen auf den Recyclinghöfen wichtig. Weiterer Schaden wie Glasbruch an den Modulen wird durch eine geordnete Demontage, Stapelung und Logistik vermieden. Zurzeit wird bei der DKE, der Deutschen Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE, eine Anwendungsregel zu den Anforderungen an das Recycling erarbeitet (10). Ziel der Recycling- und ReUse-Lösungen ist die Schließung von Stoffkreisläufen durch eine Rückführung zur Produktion, sodass Ressourcen, Energie und Abfall gespart werden.

Fazit

Die PV leistet einen wesentlichen Beitrag zur Ersetzung fossiler Energie und zur Energiewende. Durch eine Analyse des Lebenszyklus der Module zeigen sich Optimierungspotentiale entlang der gesamten Wertschöpfungskette auf. Die CO2-Emissionen entstehen hauptsächlich bei der Produktion, insbesondere bei der Reinigung des Siliziums, ein kleiner Teil fällt auf den Transport der Module. Der Strommix des Produktionslands und der Installationsort haben einen großen Einfluss auf die Bilanz. Chinesische Module erreichen in Europa bereits nach 1,2 Jahren ihre energetische Amortisationszeit und haben nach drei Jahren mehr CO2 eingespart als bei der Herstellung ausgestoßen wurde. In den nächsten Jahren werden stark steigende Mengen an Altmodulen für das Recycling erwartet, verschiedene Technologien stehen bereit und die Rekristallisierung von hochreinem Silizium ist möglich. Eine fachgerechte Entsorgung bietet die Grundlage für die erfolgreiche Wiederaufbereitung. Aufgrund stark steigender Mengenströme entsteht in den nächsten Jahren ein weltweiter Markt bei der Schließung von Stoffkreisläufen. Dabei fallen in Deutschland, im Vergleich zu anderen Ländern, schon früh erhebliche Mengen an Altmodulen an, was einen Wettbewerbsvorteil bei der Entwicklung von Recyclingtechnologien bietet und auch einer europäischen PV-Produktion zu Gute kommen kann.
Die Umweltauswirkungen während des gesamten Lebenszyklus, also hauptsächlich bei der Produktion und dem noch nicht vollständigen Recycling der Module, sind im Vergleich zum Nutzen gering. Jede erzeugte Kilowattstunde Solarstrom ersetzt weitaus umweltschädlichere Kraftwerke und macht die PV zu eine der ökologisch verträglichsten Technologien der Stromerzeugung.

Autor: Niklas Weinmann

QUELLEN:



(1) Volker Quaschning (2023). Weltweit installierte Photovoltaikleistung. Verfügbar unter: https://www.volker-quaschning.de/datserv/pv-welt/index.php. (abgerufen am: 28.04.2023)


(2) QCells. Lebenszyklusanalyse. Verfügbar unter: https://www.q-cells.de/lebenszyklusanalyse.html. (abgerufen am: 02.05.2023)


(3) FVEE (2017). Forschung und Entwicklung in der Silizium-Photovoltaik: heute und morgen. Verfügbar unter: https://www.fvee.de/wp-content/uploads/2022/01/th2017_06_03.pdf. (abgerufen am: 28.04.2023)


(4) bifa Umweltinstitut (2013). Ökoeffizienzanalyse von PV-Modulen. Verfügbar unter: https://www.bifa.de/news/detailseite/news/oekoeffizienzanalyse-von-pv-modulen-neuer-bifa-text-veroeffentlicht (abgerufen am: 15.05.2023)


(5) Podewils, Christoph (2023): Renaissance der Solarindustrie in Europa: Jetzt ist die Zeit zu handeln!. (Vortrag vom PV-Symposiums Bad Staffelstein am 28.02.2023)


(6) Efahrer.com (2020). Solar-Strom: So nachhaltig sind Photovoltaik-Anlagen wirklich. Verfügbar unter: https://efahrer.chip.de/solaranlagen/solar-strom-so-nachhaltig-sind-photovoltaik-anlagen-wirklich_102413#:~:text=Das%20CO2%2C%20das%20bei%20der,klimaneutral%2C%20darüber%20hinaus%20sogar%20klimapositiv. (abgerufen am: 16.05.2023)


(7) Fraunhofer ISE (2023). Photovoltaics Report. Verfügbar unter: https://www.ise.fraunhofer.de/content/dam/ise/de/documents/publications/studies/Photovoltaics-Report.pdf. (abgerufen am: 10.05.2023)


(8) International Renewable Energy Agency (IRENA) and International Energy Agency Photovoltaic Power Systems (IEA-PVPS) (2016). End-of-Life Management: Solar Photovoltaic Panels. Verfügbar unter: https://www.irena.org/-/media/Files/IRENA/Agency/Publication/2016/IRENA_IEAPVPS_End-of-Life_Solar_PV_Panels_2016.pdf?rev=49a75178e38c46288a18753346fb0b09. (abgerufen am: 28.04.2023)


(9) ITU (2020). Global E-waste Monitor 2020. Verfügbar unter: https://www.itu.int/en/ITU-D/Environment/Pages/Spotlight/Global-Ewaste-Monitor-2020.aspx. (abgerufen am: 28.04.2023)


(10) Lenck, Norbert (2023): ReSi-Norm – Standardisierung und Normung von Recyclingprozessen für Solarmodule. Projektpartner: Fraunhofer IWKS, VDE Renewables GmbH, DKE Deutsche Kommission Elektrotechnik Elektronik Informationstechnik in DIN und VDE, Hensel Recycling GmbH. (Vortrag vom PV-Symposiums Bad Staffelstein am 02.03.2023)


(11) Solaranlage.eu. Photovoltaik Recycling. Verfügbar unter: https://www.solaranlage.eu/photovoltaik/betrieb/nachhaltigkeit/pv-recycling. (abgerufen am: 15.05.2023)


(12) Fraunhofer ISE (2019). Entwicklung eines industrietauglichen Recycling-Prozesses für PV-Module. Verfügbar unter: https://www.ise.fraunhofer.de/de/forschungsprojekte/eol.html. (abgerufen am: 28.04.2023)


(13) SolarWorld Innovations GmbH (2016). Environmental Affairs – Recycling von PV-Modulen. Verfügbar unter: https://de.readkong.com/page/recycling-von-pv-modulen-solarworld-ag-saena-020714?p=4. (abgerufen am: 04.05.2023)

Soziale Medien

Follow us

4initia GmbH

Sponsor der FIS Juniorenweltmeisterschaft und Hauptsponsor des Skiverbands Sachsen

Pressekontakt

Torsten Musick
Managing Director

4initia GmbH
Reinhardtstr. 29
10117 Berlin
Germany

p:
+49 (0)30 27 87 807-0
f:
+49 (0)30 27 87 807-50

Weitere Informationen

Für weitere Fragen und Informationen stehen wir unter info@4initia.de gern zur Verfügung